Rede des Stadtverordneten Markus Fuchs zur Corona-Resolution des Magistrats (M 180)

Sehr geehrter Herr Vorsteher,

meine Damen und Herren!

 

Wir leben in seltsamen Zeiten, die uns, so denke ich, alle etwas überfordern. Auch das Positionspapier des Magistrats zeugt letztendlich davon. Die FNP hat es heute sehr treffend charakterisiert, das Papier sei „uninspiriert und ein Werk voller Allgemeinplätze und ohne Ideen“. Viel mehr ist es eigentlich relativ banal. Wenn wir sehen, was wir heute beschließen: „Die Stadtverordnetenversammlung wird gebeten, in öffentlicher Sitzung zu beschließen: Das Coronavirus hat unser Leben in diesem Jahr massiv verändert.“ Ja, das tut es aber auch, wenn wir das nicht beschließen. Es ist alles sehr banal. Oder wir beschließen heute: „Dies ist schmerzhaft.“ Wir beschließen: „Jede und jeder kann sich infizieren.“ Das ist das, was wir heute beschließen, also ziemlich banal. Aber das Papier zeigt letztendlich das allgemeine Dilemma der Politik, wie man angemessen auf so eine Situation reagiert, in die uns dieses Coronavirus gebracht hat. Dieses Papier atmet den Geist der Ratlosigkeit, und so kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass auch viele Maßnahmen, die jetzt bundesweit in Kraft gesetzt wurden, eher einem Aktionismus dienen, um den Eindruck zu erwecken, der Staat hätte alles im Griff.

Wenn man dann mit der Aussage des sachsen-anhaltinischen Ministerpräsidenten Reiner Haseloff konfrontiert wird, der sagte, die Infektionszahlen in Sachsen-Anhalt hätten in seinem Bundesland diese Schritte gar nicht erfordert, aber es gehe jetzt um einen Akt der nationalen Solidarität, dann kann man schon Zweifel bekommen. Das heißt, da ist eine Landesregierung bereit, ganzen Wirtschaftszweigen den Todesstoß zu versetzen, nicht aus einer tatsächlichen oder auch nur angenommenen Notwendigkeit, sondern nur um Symbolpolitik zu betreiben. So ist verständlich, dass sich in der Bevölkerung ein immer größeres Unbehagen entwickelt, ob denn das alles so richtig sei. Zudem ist, zumindest in der öffentlichen Kommunikation, mittlerweile nicht mehr so richtig klar, was denn jetzt das Ziel all dieser Maßnahmen sein soll. Geht es darum, das Virus einzudämmen oder gar zum Verschwinden zu bringen? Das wird nicht möglich sein. Oder geht es weiterhin, wie im Frühjahr, um Flatten the Curve, das heißt, es soll eine Belastung des Gesundheitssystems verhindert werden.

Das Unbehagen in immer weiteren Kreisen der Bevölkerung kommt aber auch daher, dass all diese Maßnahmen mit massiven Grundrechtseinschränkungen und -eingriffen verbunden sind, die bis jetzt alle ohne Einbindung der Parlamente stattgefunden haben. Und wenn man dann schon diese Grundrechte einschränkt, müssen die Maßnahmen geeignet, zweckmäßig und verhältnismäßig sein, und daran haben eben immer mehr Menschen gehörige Zweifel. Als Beispiel sei nur der Umgang mit der Gastronomie genannt. Selbst das RKI, das in allen Corona-Belangen, ob zu Recht oder Unrecht, das lasse ich dahingestellt, als maßgebliche Institution gilt, hat verkündet, dass es keinen Hinweis gebe, die Gastronomie sei ein Infektionstreiber. Trotzdem wird diesem Wirtschaftszweig von der Politik die Existenzgrundlage entzogen.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, es verfestigt sich bei immer mehr Menschen der Eindruck, dass die Politik zunehmend nicht mehr aus rationalen Gründen handelt. Vermutlich sind die politisch Verantwortlichen aber selbst nur Getriebene, und zwar Getriebene einer Panik, die sie maßgeblich selbst mit hervorgerufen haben. Wenn man Leuten wie Söder oder Lauterbach zuhört, hat man den Eindruck, wir stehen allesamt am Rande der Vernichtung. Klug ist das alles nicht. Und weder Angst noch Panik sind ein guter Ratgeber.

Ja, das Coronavirus ist für viele tatsächlich eine ernsthafte Bedrohung. Aber nein, es ist nicht die Pest. Beim Thema Corona sollte das Motto gelten „Vorsicht ja, Panik nein“. Die Schriftstellerin Juli Zeh hat es in einem Interview in der Welt am Sonntag dieses Wochenende treffend formuliert: „Es ist ausgeschlossen und unsinnig, jedem Menschen eine Nichtansteckung politisch garantieren zu wollen. Die Zahlen können als Indikator dienen, um eine Überlastung des Krankenhaussystems zu vermeiden. Wir müssen aufpassen, dass sie kein Selbstzweck werden.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Vielen Dank!

(Beifall)