Rede des Stadtverordneten Markus Fuchs zum Nachtragshaushalt (M 45)

Sehr geehrter Herr Vorsteher,

meine Damen und Herren!

Interessant erst mal, ich habe heute eines gelernt. Der Oberbürgermeister kennt schon die Ergebnisse der Briefwähler. Vielleicht haben Sie schon einmal reingeschaut. Ich weiß es ja nicht.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Thema. Die Stadt Frankfurt steht vor einer großen finanziellen Herausforderung. Die Gewerbesteuer ist dramatisch eingebrochen, wie wir alle wissen. Sie wird sich auch so schnell nicht erholen. Die Zuschüsse von Land und Bund reichen weder für das letzte Jahr noch werden sie in diesem Jahr ausreichen, um die Einnahmeverluste auszugleichen. Gleichzeitig hat sich die Stadt Frankfurt mit den Städtischen Bühnen, dem Kinder- und Jugendtheater, den Investitionen in Schulen, Infrastruktur und dem Zoo viel vorgenommen, zu viel, wie sich jetzt zeigt. In der Vergangenheit wurde es versäumt, die finanziellen Rücklagen der Stadt auszubauen. Nun fehlt die finanzielle Feuerkraft, um den Folgen der Coronapandemie beziehungsweise den staatlichen Maßnahmen gegen diese auch kommunal erfolgreich entgegenzuwirken. Es gilt nun einmal der Satz: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not.

(Beifall)

Die Rücklagen der Stadt von mehr als 700 Millionen Euro schmelzen schon seit Jahren kontinuierlich ab und zugleich stieg der Schuldenstand auf mittlerweile über zwei Milliarden Euro. Es ist also nicht so, dass die Stadt Frankfurt erst jetzt plötzlich in eine finanziell schwierige Lage geraten ist, sondern dass in den vergangenen Jahren trotz Rekordeinnahmen eine Politik des Maßhaltens leider nicht stattgefunden hat. Corona hat hier nur den Turbo eingeschaltet.

(Beifall)

Nicht allein Projekte des Magistrats oder besser des Oberbürgermeisters, wie der freie Schwimmbadeintritt für Kinder und Jugendliche – ja, ich erwähne es, das erlaube ich mir – oder der freie Museumseintritt bis 18 Jahren, haben dazu beigetragen. Diese Beispiele passen ganz gut ins Bild, denn das sind Dinge, worüber andere Gemeinden den Kopf schütteln, aber das wird hier als selbstverständlich angesehen. Dazu kommt das Huldigen einer ungesunden Wachstumsideologie, die weder die finanziellen noch sozialen Kosten eines ungehemmten Stadtwachstums sehen will und kann. Finanzielle Solidität spielte da offensichtlich nur eine untergeordnete Rolle. Bis zum Jahr 2024 wird der Schuldenstand der Stadt Frankfurt nach heutigen Planungen fast vier Milliarden Euro erreichen. Frankfurt ist dabei, die finanzielle Handlungsfreiheit Stück für Stück einzubüßen. Die ehemals freie Reichsstadt ist durch diese Politik auf dem besten Weg, zum finanziellen Sorgenkind zu werden, von der freien Reichsstadt zur unfreien Armstadt. Diesen Titel könnte vielleicht bald einmal ein Buch über die Finanzgeschichte Frankfurts tragen.

(Beifall)

Sie und wir wissen, dass die eigentlichen Sparbemühungen erst nach der Wahl auf uns zukommen werden. Die bisherigen pauschalen Sparbeschlüsse der Koalition, die pauschalen Ausgabenkürzungen von 3,6 Prozent – 143 Millionen Euro, um die es hier geht, werden bei Weitem nicht ausreichen. Außerdem ist noch gar nicht klar, wo überhaupt konkret gestrichen werden soll. Doch statt vor der Wahl Stärke zu zeigen, hat sich die Koalition entschlossen, weder das, wenn auch wünschenswerte, aber dann doch kostenintensive Kinder- und Jugendtheater überhaupt nur einmal infrage zu stellen noch einen reduzierten Kostenrahmen für einen Neubau der Städtischen Bühnen zu definieren oder klare Einschnitte festzulegen. Dies alles zeigt, dass wir es in Frankfurt zwar mit einer großen Koalition zu tun haben, jedoch nicht mit einer sehr starken Koalition. Sie fahren unsere Stadt, und zwar schon seit Jahren, auch vor Corona, finanziell auf Sicht. Die Folgen dieser Politik sind mittel- und langfristig verheerend. Ändern Sie diesen Kurs, und zwar baldmöglichst.

Natürlich muss in Schulen und in die Infrastruktur investiert werden. Aber dies bedeutet nicht, dass man dazu noch soziale Wohltaten, wie eben exemplarisch genannt Schwimmbad- und Museumseintritte, finanzieren muss. Doch, Herr Oberbürgermeister, das ist eine Freibier-für-alle-Mentalität. Dagegen können Sie sich wehren, wie Sie wollen. Es ist so. Ja, es ist Populismus. Es ist der Versuch, sich mit Steuergeldern Sympathien beim Wähler zu erkaufen, nichts anderes.

(Beifall)

Die Römer-Koalition besteht aus den Fraktionen von CDU, SPD und GRÜNEN. Es ist bekannt, dass vor allem die beiden Letzteren kein Problem mit mehr Sozialausgaben und mehr Schulden haben. Aber gerade die größte Fraktion, die CDU, enttäuscht hier, denn sie könnte als unverzichtbarer Teil der Koalition mehr finanzpolitische Stärke zeigen. Offenbar konnte oder wollte man es nicht, obwohl es hierfür in der bürgerlichen Mitte viel Zuspruch gäbe. Als Beispiel sei eben zum einen das jüngste Agieren unseres Kämmerers, Herrn Becker, genannt. Er tönte vorher in Interviews vollmundig: In dieser Finanzlage könne sich die Stadt Frankfurt kein Kinder- und Jugendtheater leisten. Herr Becker, Sie haben vollkommen recht. Aber dann stimmten Sie genau einen Monat vor der Kommunalwahl in der Magistratssitzung am 12. Februar der Freigabe einer weiteren Million Euro für die Planung eines Kinder- und Jugendtheaters im Zoo-Gesellschaftshaus zu. Als Begründung führten Sie dann den Koalitionsvertrag an, statt diese Entscheidung bis nach der Wahl zu verschieben. Dieser Koalitionsvertrag, an dem Sie sich doch sklavisch zu halten gedachten, hat die GRÜNEN übrigens nicht davon abgehalten, auf einmal die geplante Bebauung der Güntherburghöfe nicht mehr mitzutragen. Exemplarisch gibt es noch so absurde Beispiele. Kurz vor Ende dieser Wahlperiode kam die Magistratsvorlage M 32. Da sollen E‑Lastenräder von der Stadt Frankfurt mit über 600.000 Euro gefördert werden. Das sind anscheinend für Sie nur Peanuts. Was kommt als Nächstes? Öffentliche Förderung von berittenen Boten? Da wäre vielleicht die Ökobilanz sogar noch besser.

Die Gewerbesteuer wird auch in den kommenden Jahren sicherlich weniger sprudeln als in der Vergangenheit, das heißt, die Finanzpolitik der Stadt Frankfurt gehört grundlegend auf neue Füße gestellt. Es darf nicht mehr zuerst heißen: Was können wir noch alles finanziere?, Sondern: Was ist notwendig und auf was müssen wir verzichten? Diese bittere Wahrheit scheuen Sie, den Bürgern vor der Kommunalwahl mitzuteilen. Ihr bisheriges Agieren ist da unredlich. Die Zeit der nice to haves ist auf Jahre hinaus vorbei. Punkt.

Stadtwachstum um jeden Preis, immer mehr soziale Wohltaten. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Koalition, das ist eine Politik der Vergangenheit und keine Politik der Zukunft. In der Frankfurter Neuen Presse wird der Kollege Becker im Hinblick auf die Haushaltseinigung der Koalition in letzter Minute mit den Worten zitiert: „Wir steuern um den Eisberg herum.“ Das ist ein sehr treffendes Bild. Das ist aber auch sehr gefährlich. Wie gefährlich es sein kann, drum herum zu steuern, weiß man seit dem Untergang der Titanic. Denn bekanntlich liegt der allergrößte Teil eines Eisbergs unter der Meeresoberfläche, sodass ein knappes Herumsteuern sehr gefährlich sein kann. Genauso verhält es sich mit diesem Haushaltsbeschluss. Eine allgemeine Einigung an der Oberfläche, die Ruhe vermitteln soll, doch die wirkliche Arbeit und eine harte Auseinandersetzung über wirkliche Spareinschnitte, die liegen noch vor uns. Der kleinste Teil ist geschafft. Der allergrößte Teil liegt noch vor uns. Die Finanzpolitik des jetzigen Magistrats ist gescheitert. Die AfD‑Fraktion hat dies oft genug angemahnt. Der neue Magistrat muss umsteuern. Die AfD‑Fraktion wird zum Wohle Frankfurts weiter Maß und Mitte in der Frage der Finanzpolitik einfordern und Ideologie und Verschwendung anprangern. Es ist gut zu wissen, dass viele Bürger dies ebenso sehen. Die Zeit dieser kraft-, ideenlosen und damit zukunftslosen Koalition wird hoffentlich bald vorbei sein. Die Bürger Frankfurts haben es am 14. März in der Hand.

Vielen Dank!

(Beifall)