Rede des Stadtverordneten Fuchs in der Aktuellen Stunde am 17. Juni 2021 zur Frage 62.
Sehr geehrter Herr Vorsteher,
meine Damen und Herren!
Die Stadt Frankfurt möchte, wie in ihrem „Masterplan 100 Prozent Klimaschutz“ beschlossen wurde, bis zum Jahr 2050 eine Reduzierung des Energiebedarfs gegenüber 2010 um mindestens 50 Prozent und eine Deckung des Restenergiebedarfs aus lokalen und regionalen erneuerbaren Energien. Die zukünftige Koalition hat sogar noch ehrgeizigere Ziele, sie setzt sich das Jahr 2035 als Zielmarke für eine sogenannte Klimaneutralität. Nun, der politische Anspruch, einen globalen Klimawandel durch städtische Maßnahmen aufhalten zu wollen, zeugt nach unserer Überzeugung eher von einer anmaßenden Selbstüberschätzung Frankfurter Kommunalpolitik. Eine städtische Klimapolitik dient wohl eher dem subjektiven Wohlbefinden oder der Befriedigung grüner Befindlichkeiten und einem moralisch guten Gewissen für das Weltklima. Als Ganzes dürfte das wohl eher irrelevant sein. Aber sei es drum, das ist jetzt nicht das Thema.
(Beifall)
Worum geht es? Die zukünftige Koalition wird sich schlicht an ihren eigenen Zielen messen lassen müssen, und da könnte Ihnen die Entwicklung Frankfurts zur Hauptstadt der Rechenzentren einen gehörigen Strich durch die Rechnung machen. Gerade heute war wieder zu lesen, dass der Standort Frankfurt massiv ausgebaut und fünf neue Rechenzentren errichtet werden sollen. Dem Magistratsbericht B 474 aus dem letzten Jahr war zu entnehmen, dass ein einzelnes Rechenzentrum je nach Größe zwischen zehn und über 100 Megawatt Leistung benötigt, über den Gesamtenergieverbrauch hat heute dankenswerterweise Frau Stadträtin Heilig etwas gesagt. Jetzt kommt mein Lieblingssatz aus dem Bericht: „Um die Klimaziele der Stadt Frankfurt am Main zu erreichen, muss die Branche Wege finden, Energie einzusparen.“ Das klingt nicht nach einem Masterplan. Hier wird also der Schwarze Peter der Industrie zugeschoben, die sich Gedanken machen soll, wie sie die politischen Versprechungen der Parteien umsetzen soll.
Immer wieder wurde auch davon gesprochen, man wolle sich die Abwärme der Rechenzentren nutzbar machen. Da fangen die Probleme doch schon an. Wohnanlagen brauchen eine Versorgungsgarantie von 30 bis 50 Jahre. Kein Rechenzentrum ist für so eine Lebensdauer geplant. Dazu kommt: „Die Abluft aus den Rechenzentren ist für Fernwärme zu niedrig,“ – auch das hat Frau Heilig heute schon berichtet – „das Temperaturniveau ist für Fernwärmenetze mit 30 bis 40 Grad Celsius zu niedrig und müsste über Wärmepumpen angehoben werden, was sich aufgrund der hohen Energiepreise in Deutschland im Vergleich zu Skandinavien nicht wirtschaftlich gestalten lässt.“ Man könnte zwar die Rechenzentren auf Wasserkühlung umstellen und damit die nötigen Temperaturen erreichen, das Problem ist nur, dass meines Wissens nach das Fernwärmenetz der Stadt Frankfurt auf Dampf ausgelegt ist.
Das sind nur einige der Unwägbarkeiten. Gleichzeitig wollen Sie, wenn es nach Ihnen geht – das fordert ja auch der Masterplan 100 Prozent der Stadt Frankfurt – die Klimaschutzziele mit sogenannten erneuerbaren Energien und möglichst noch regional erreichen. Im Koalitionsvertrag steht lapidar der Satz: „Dabei muss die Stromversorgung der Rechenzentren sichergestellt sein.“ Na, das nenne ich jetzt einmal sehr konkret. Dem Satz können sogar wir zustimmen. Was heißt denn konkret „erneuerbare Energien aus der Region“? Glauben Sie allen Ernstes, die südhessischen Gemeinden haben große Lust, sich die Landschaft mit zusätzlichen Windrädern zuspargeln zu lassen, damit wir in Frankfurt unser Klimagewissen beruhigen können? Ich denke, die werden uns etwas pfeifen.
(Beifall)
Die gewünschte und wünschenswerte verstärkte Digitalisierung führt logischerweise auch zu einem höheren Bedarf an Rechenzentren, und die brauchen nun einmal die Energie, die sie brauchen, und mit Wunschvorstellungen aus dem energiepolitischen Pipi-Langstrumpf-Takatuka-Land, wo Sie sich die Welt machen, widdewidde wie es Ihnen gefällt, werden Sie nicht weiterkommen. Das Problem ist, Sie versuchen die Quadratur des Kreises. Wohlfühlige Versprechen von Klimaschutz und gleichzeitiger Ausbau von Rechenzentren, da werden Sie in einen klassischen Zielkonflikt hineinlaufen. Wie Sie das lösen wollen, wird sich zeigen. Floskeln aus dem Koalitionsvertrag werden Ihnen bei der konkreten Politik nicht viel nützen, und hier gilt der alte Satz: „Hic Rhodos, hic salta“.
Vielen Dank!
(Beifall)