Rede des Stadtverordneten Fuchs zu den Anträgen NR 98 der LINKE. und NR 103 der Koalition zum Thema „Frankfurt wird sicherer Hafen“.
Sehr geehrte Frau Vorsteherin,
meine Damen und Herren!
Mich überkommt ein Déjà-vu, Frau Dr. Mehler‑Würzbach hat es ja schon gesagt, wir stehen ja nicht zum ersten Mal zu diesem Thema hier. Es war genau der 23.08.2018, an dem wir über den Antrag NR 620 der LINKE. sprachen und ein Jahr später am 29.08.2019 über den Antrag NR 898 von der FRAKTION und NR 973 der damaligen Koalition. Dieses Thema kommt also hier mit einem fast schon regelmäßigen Intervall wieder auf. Ich habe damals eigentlich alles Wesentliche gesagt und ich möchte mich eigentlich nicht zum dritten Mal wiederholen. Wen es wirklich interessiert, kann ja gerne die Wortprotokolle ansehen. Ich könnte die Reden von damals wortgleich wieder halten, es würde nur nichts nützen.
Meine Damen und Herren, ich sprach damals über das Thema „Genfer Flüchtlingskonvention“ und dass eben nicht jeder, der von A nach B will, auch automatisch ein Flüchtling im Sinne der Flüchtlingskonvention ist. Ich sprach über Seenotrettung, die die Verbringung in den nächsten sicheren Hafen bedeutet. Aber das bringt alles nichts, weil Sie für diese Argumente überhaupt nicht zugänglich sind, insofern erspare ich es Ihnen und uns. Ich könnte über die soziokulturellen Verwerfungen einer neuen Migrationswelle sprechen, ich könnte über die ökonomischen Verwerfungen sprechen. Es bringt alles nichts, wir wissen genau, dann kommt das ritualisierte Totschlagargument „Rassismus, Rassismus“. Ich schlage Ihnen vor, wir überspringen diesen Part einfach und messen die Koalition an ihren eigenen Maßstäben. Im Koalitionsvertrag steht auf Seite 55: „Wir möchten die Gemeinschaftsunterkünfte und Hotelunterbringungen für Geflüchtete, Obdachlose und weitere Gruppen, die sehr lange auf eine Unterbringung warten müssen, spätestens innerhalb von fünf Jahren auflösen und allen Menschen Wohnungen zur Verfügung stellen.“ Auf Seite 85 schreiben Sie: „Gemeinschaftsunterkünfte dürfen keine dauerhaften Lösungen sein, stattdessen ist dafür zu sorgen, dass Menschen mit geklärtem Aufenthaltsstatus schnellstmöglich in eine eigene Wohnung umziehen können. Daher werden wir ein Programm zur Unterbringung von Geflüchteten in Wohnraum auflegen, damit wir so schnell wie möglich verbliebene Unterbringungen in Gemeinschaftsunterkünften und Hotels beenden können.“ Das ist der Koalitionsvertrag.
Das sind immer noch knapp 4.000 Menschen in Übergangsunterkünften. Ich sage es Ihnen ganz ehrlich, lösen Sie doch erst einmal die bestehenden Probleme, bevor Sie ein neues Fass aufmachen.
(Beifall)
Ich nehme den meisten von Ihnen ja tatsächlich ab, dass sie wirklich humanitäre Gründe haben, aber sind Sie mir nicht böse, Max Weber hat zu Recht zwischen Verantwortungsethik und Gesinnungsethik unterschieden. Gesinnungsethik, das ist eine private Sache, die jeder verfolgen kann. Aber staatliches Handeln muss von Verantwortungsethik geprägt sein und das ist es eben nicht in dieser Causa. Wie gesagt, ich nehme den meisten von Ihnen tatsächlich ab, dass es Ihnen hier wirklich um ein humanitäres Anliegen geht, den meisten, nicht allen.
Ich habe schon 2018 zum Antrag der Linkspartei das Entsprechende gesagt, dass sie damit eigentlich ganz andere gesellschaftspolitische Ziele verfolgen und das ganze Thema Flüchtlinge für sie nur ein vorgeschobenes Thema ist. Manchen von Ihnen sagt vielleicht der Name Pia Klemp etwas, sie ist Kapitänin der SeaWatch 3 gewesen und Preisträgerin des Clara‑Zetkin‑Preises der Linkspartei und die hat es letztes Jahr ganz klipp und klar gesagt, ich erlaube mir, sie zu zitieren, da ist ihr sozusagen die Maske verrutscht, im Guardian: „Ich sehe die Seenotrettung nicht als eine humanitäre Aktion, sondern als Teil eines antifaschistischen Kampfes.“ Genau darum geht es Ihnen. Es geht Ihnen nicht um Humanität. Der SED ging es noch nie um Humanität. Humanität ist eine Monstranz, die Sie vor sich hertragen, glaubwürdig ist das nicht.
(Beifall, Zurufe)