Rede des Stadtverordneten Andreas Lobenstein in der Aktuellen Stunde zu Frage 1668 zu Burschenschaften in der Paulskirche

Sehr geehrte Frau Vorsteherin,

werte Kollegen!

Lieber Herr Müller, ich schätze durchaus so manchen Ihrer Beiträge im Ausschuss für Kultur, Wissenschaft und Sport, beispielsweise in der vorletzten Sitzung im Mai Ihre aus meiner Sicht zumindest berechtigten Einwände gegen die Bewerbung für den World Design Capital 2026. Aber genauso wie beim Thema Meinungsfreiheit beziehungsweise Teilnahme von Verlagen an der Frankfurter Buchmesse, werde ich auch bei der Frage, an wen die Paulskirche vermieten kann, nicht müde werden, Ihnen grundsätzlich zu widersprechen und den undemokratischen Kern Ihrer Forderung offenzulegen. Wie Sie wissen, hat das Rechtsamt der Stadt Frankfurt einen Vermerk vorgelegt, wonach ein Anspruch des CDA auf die Veranstaltung in der Paulskirche bestand, weil sie im Einklang mit den Statuten der Paulskirche stünde. Man muss nicht unbedingt die Burschenschaften mögen, aber man sollte schon wissen und anerkennen, dass nicht nur Heinrich von Gagern, sondern auch über hundert andere Burschenschafter die Frankfurter Nationalversammlung 1848/1849 maßgeblich mitgeprägt haben. Das ist so. An dieser Stelle ist auch die Entscheidung des Magistrats zu kritisieren, kurz vor dem 18. Juni die Vermietung an den CDA an die Bedingung der Vorlage einer Teilnehmerliste zu knüpfen, was in der Kürze der verbliebenen Zeit zu einer Absage führen musste.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, wie Sie in Ihrer Antwort auf unsere Frage Nr. 1679 von heute bestätigt haben, erhält der Magistrat regelhaft im Rahmen der Vorbereitung von Vermietungen in der Paulskirche von Mietern eine Teilnehmerliste, ohne gesonderte Aufforderung, das heißt sie wird nicht gefordert.

                              (Beifall)

Generell ist diese zu beobachtende Tendenz schon äußerst fragwürdig, große Teile der Gesellschaft einer Gewissensprüfung unterziehen zu wollen, mit anschließender Erteilung oder Verweigerung eines Persilscheins. Ja, es zeugt schon von erstaunlicher Intoleranz und einem zweifelhaften Demokratieverständnis, sich zum Richter darüber aufschwingen zu wollen, wer am öffentlichen Leben in dieser unserer Gesellschaft teilnehmen kann und wer nicht.

                        (Beifall, Zurufe)

Klar, wenn es nach Ihnen ginge, würde ein Volkskommissariat, bestehend aus den Herren Müller und Wehnemann sowie Frau Ditfurth, darüber entscheiden, wer in Frankfurt wo, was sagen darf. Aber das lassen wir nicht kritiklos durchgehen.

Vielen Dank!

                              (Beifall)