Rede des Stadtverordneten Patrick Schenk zur Verabschiedung des Haushalts 2023 (Magistratsvortrag M 46)
Herr Stadtverordnetenvorsteher,
meine Damen und Herren!
Ich bin ganz verwirrt von der Rede des Herrn Müller. Ja, liebe CDU, so geht‘s, so hat mich Herr Müller verwirrt. Wir sind doch eigentlich die bösen Asylfeinde, aber da kann man einmal sehen, da macht ein Kollege von euch eine Äußerung, und so schnell kriegt ihr die Klubkarte. Deshalb muss man vorsichtig sein, mit dem, was man sagt.
(Beifall, Zurufe)
Zurück aber zum Haushalt. Die Rahmenbedingungen sind uns allen klar und einige Vorredner haben darauf hingewiesen. Das zu erwartende Haushaltsdefizit beträgt circa 275 Millionen Euro, zumindest laut des aktuellen Controllingberichts. Die Rücklagen der Stadt werden radikal abgeschmolzen, die zu erwartenden Einnahmen werden die hohe Ausgabenlast der Stadt nicht kompensieren können. Trotzdem legt uns die Koalition sage und schreibe 171 Etatanträge vor, die weitere Ausgaben in Höhe von rund 15 Millionen Euro zur Folge haben. Wie, liebe Ursula Busch – entschuldige, wenn ich dich da direkt anspreche -, diese Etatanträge, die wir heute erst beschließen, in einem Produkthaushalt, der schon einige Monate alt ist, eingepreist sind, das kannst du mir noch einmal bilateral erklären. Ich kann es mir auch ungefähr vorstellen, der Haushaltswahrheit und -klarheit entspricht das meines Erachtens nicht.
(Zurufe)
Ja, aber das ist immer gefährlich mit einem Produkthaushalt, der eben schon da ist. Der in § 94 Absatz 4 der Hessischen Gemeindeordnung festgeschriebene Grundsatz, dass der Haushalt in jedem Jahr in Planung und Rechnung ausgeglichen sein soll, spielt schon seit Jahren keine Rolle mehr. Dies betrifft nicht nur die jetzige Koalition mit Kämmerer Bastian Bergerhoff, nein, auch sein Vorgänger Uwe Becker von der CDU war wiederholt nicht in der Lage, ausgeglichene Haushalte einzubringen. Die Ausnahme, dass von ausgeglichenen Haushalten in einer schwierigen Gesamtsituation abgewichen werden kann, ist zur Regel geworden. Ein fatales Signal an die Bürger und selbstverständlich eine Katastrophe für die Finanzen unserer Stadt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall)
Eine Aussicht auf Besserung ist nicht in Sicht. „Kommunen im Krisenmodus“ titelte die gestrige FAZ, „erwartetes Defizit steigt massiv an“, so die Frankfurter Rundschau. Zwar versucht der Konjunkturbericht der IHK Frankfurt für den Frühsommer 2023 so etwas Hoffnung zu verbreiten, doch die Sorgen bleiben. Ein Wirtschaftsboom ist nicht in Sicht. Wie auch bei einer völlig verfehlten Wirtschafts- und Energiepolitik auf Bundesebene, die von einem grünen Wirtschaftsminister nichts anderes zur Folge hat als schon jetzt einen massiven Abzug ehemals leistungsstarker und vor allem Steuern zahlender Unternehmen aus allen Branchen.
(Beifall)
Unabhängig von einzelnen Positionen im Produkthaushalt zeigt ein Blick auf die nackten Zahlen der Verschuldung, dass die finanzielle Entwicklung der Stadt schlecht ist. Laut Haushaltsentwurf 2023 betrug der Schuldenstand der Stadt Frankfurt im Jahr 2016 knapp 1,5 Milliarden Euro. Seitdem ist dieser kontinuierlich gestiegen und sollte weiter stark steigen auf 1,7 Milliarden Euro im Jahr 2018, auf über zwei Milliarden Euro im Jahr 2020, auf knapp drei Milliarden Euro im Jahr 2022 und nun bis auf fünf Milliarden Euro im Jahr 2026. Meine Damen und Herren, wir sind nicht im Bundestag, wir sind in einer kreisfreien Stadt in Hessen, ein Defizit von fünf Milliarden Euro ist geradezu unverantwortlich.
(Beifall)
Es gleicht einem Horrorszenario, das am Ende zur völligen Zahlungsunfähigkeit der Stadt führen muss. Was das heißt, muss man mit Blick auf das Jahr 1989 wohl nicht noch einmal näher ausführen.
(Beifall)
Die AfD‑Fraktion verfolgt sowohl mit ihren eigenen Etatanträgen als auch mit ihren Voten zu anderen Haushaltsanträgen fast ausschließlich ein Ziel: Geld auszugeben für das, wozu die Stadt im Rahmen ihrer originären Aufgaben für die kommunale Daseinsvorsorge verpflichtet ist, denn das allein ist es, was wir unseren Bürgerinnen und Bürgern schuldig sind und da gehören keine Seenotschiffe dazu, Herr Müller.
(Beifall)
Nur exemplarisch sei aufgeführt, was wir wollen: Wir wollen mit unseren Anträgen eine Entlastung des Handwerks, mehr finanziellen Spielraum für die Ortsbeiräte, eine Schuldenbremse einführen und dies dann auch mit einer Schuldenuhr an der Hauptwache sichtbar machen, den sogenannten Frankfurt‑Standard wieder abschaffen, Frankfurter Spielplätze sanieren und neu bauen, die Höchster Mainfähre erhalten, Lebensmittelkontrollen gewährleisten – sehr wichtig -, Integrationsmaßnahmen auf Erfolg prüfen und last but not least das ganze fragwürdige und teure Klimagedöns im Haushalt von sage und schreibe 192,8 Millionen Euro einsparen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall)
Erlauben Sie mir an der Stelle auch noch ein Wort zur Wichtigkeit der Rücklagen. Der Magistratsvortrag M 107 zeigt, wie wichtig es ist, etwas Geld im Säckel zu behalten. Bis zum Jahr 2026 muss die Stadt einen fast dreistelligen Millionenbetrag aufbringen, um die Schieflage des Klinikums Frankfurt-Main‑Taunus in den Griff zu bekommen – wir haben darüber im Gesundheits-, aber auch im Haupt- und Finanzausschuss gesprochen – und um den Fortbestand somit zu garantieren. Das war nicht vorgesehen und demzufolge nicht budgetiert.
Völlig unklar ist, wann und wie viel Geld die Stadt gewissen Banken im Hinblick auf die Gewerbesteuer aus Cum‑Ex‑Geschäften erstatten muss. Auch dafür sollte man etwas Geld parat haben.
(Zurufe)
In dem Umfang, lieber Kollege Pürsün, da kann ich nur lachen. Da kann ich aber wirklich nur lachen. Einen möglichen Einbruch der Gewerbesteuer, aber auch höhere Tariflöhne, die kommen werden, sowie steigende Baukosten muss eine vorausschauende Haushaltspolitik bedenken. Insofern ist ein Haushalt ohne entsprechende Rücklagen immer ein fragwürdiges Unterfangen. Es ist daher auch klar, dass die AfD‑Fraktion sowohl diesen Haushalt und den Stellenplan als auch das dazugehörige Haushaltssicherungskonzept ablehnt.
Zum Schluss möchte ich noch ein Wort an zwei Parteien richten, von denen böse Zungen bisweilen behaupten, sie könnten als eventuelle Koalitionspartner der AfD irgendwann einmal infrage kommen. Ich sage „böse Zungen“, ich behaupte das nicht. Die FDP zum Beispiel geriert sich gerne als wirtschaftsliberale Partei, welcher der Mittelstand besonders am Herzen liegt. Lieber Yanki, ich finde es viel spannender als die Wartezeit auf Teil 3 von „Avatar“, zu sehen, wie ihr das mit dieser Politik in Bund, Land und hier in den Gemeinden hinkriegen wollt, denn der Mittelstand glaubt euch das heute schon nicht mehr.
(Beifall)
Wir haben da noch die andere Partei, die CDU. Bei der war ich begeistert, dass sie einer chronischen Krankheit erlegen ist, der sogenannten „Prüferitis“. Die Ursachen für diese Krankheit sind schnell gefunden. Ich habe unglaublich selten so viele Prüfen-und-Berichten‑Voten gesehen wie in diesem Haushalt. Nur, um einmal ganz kurz zu zeigen, weil die Worte „wir wollen sparen“ eben so hochgehängt wurden, welchen Etatanträgen ihr mit Prüfen und Berichten zugestimmt habt. E 8, Queeres Kulturhaus, kostet Geld; E 32, Lastenrad‑Sharing, kostet Geld; E 108, Sichtbarkeit von Black Owned Business, kostet Geld; E 161, Interrailtickets, kostet Geld. Das habt ihr alles mit Prüfen und Berichten votiert. Warum ihr das macht, ist natürlich sehr durchsichtig, ist völlig klar. Ihr werdet irgendwann einen der jetzigen Koalitionäre als neuen Koalitionspartner brauchen und spekuliert natürlich darauf, dass wohlwollende Voten heute in der Zukunft entsprechend goutiert werden.
(Heiterkeit)
Ich nehme die Kollegen von Volt da einmal aus, ihr seid jetzt noch ein bisschen im Welpenschutz, aber verlasst euch bei der CDU nicht darauf, das Koalitionsangebot kann schneller kommen, als ihr alle glaubt.
(Beifall, Heiterkeit)
Ob euch das zum Guten gereicht, dazu möchte ich keine Prognosen abgeben. Ich wage nur eine Prognose, nämlich die, dass das, was wir hier und heute verabschieden, wahrscheinlich schon spätestens Ende nächsten Sommers Makulatur sein wird.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
(Beifall)