Rede des Stadtverordneten Markus Fuchs zur Haushaltsdebatte 2024/2025
Frau Vorsteherin,
meine Damen und Herren!
Zunächst möchte ich noch mal an die kleine Broschüre der Kämmerei erinnern, die wir alle zusammen mit dem Haushalt bekommen haben. Es gab ein schönes Titelbild und mitten im Bild den Satz „Ein neues Frankfurt gestalten“. Auf dem Bild sieht man, wie dieses Frankfurt aussehen soll: keine Autos, mehr Solarflächen, ein Kran, Bäume, Menschen und Tiere. Dann oben vier Punkte mit folgenden Bildern: eine Solaranlage, ein Fahrrad, ein E-Auto und ein Baum – kurz gesagt: eine schöne, neue, grüne Welt. Das ist jedoch kein realistisches Bild einer Großstadt im 21. Jahrhundert.
(Beifall)
Dazu passt dann auch das auf Seite 2 vorangestellte Zitat unseres Kämmerers: „Mit dem Haushaltsentwurf beweisen wir Handlungsfähigkeit und bringen Frankfurt insbesondere im Hinblick auf Klima, Verkehr und Bildung sowie als bezahlbare Stadt und als starken Wirtschaftsstandort weiter voran.“
(Beifall)
Tja, aber jetzt kommt’s: Von Sicherheit und Sauberkeit wird hier nicht gesprochen.
(Beifall)
Der Wirtschaftsstandort wird zwar noch genannt, aber hinter Klima, Verkehr, Bildung und bezahlbarer Stadt auf dem letzten Platz. Wir als AfD-Fraktion finden, hier sind die Prioritäten etwas falsch gesetzt. Daseinsvorsorge für die Bürger, Sicherheit, Sauberkeit, vernünftige Verkehrspolitik und Infrastruktur, Wirtschaft, Bildung, Wohnen, Umwelt – diese Reihenfolge träfe es aus unserer Sicht besser.
(Beifall)
Dann möchte ich daran erinnern, was laut § 92 Absatz 1 der Hessischen Gemeindeordnung die wichtigsten allgemeinen Haushaltsgrundsätze sind: „Die Gemeinde hat ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist.“ Aber die Vielzahl der Ausgaben sind eben nicht originär Aufgaben einer Stadt. Freiwillige Leistungen heißen auch deshalb freiwillige Leistungen, da man auf diese grundsätzlich keinen Anspruch hat und das sollte man auch durchaus mal so kommunizieren.
(Beifall)
Diese Ausgaben mögen ja im Einzelfall durchaus gerechtfertigt sein, aber sie müssen einem hohen Rechtfertigungsdruck ausgesetzt sein. Doch diese Stadtregierung agiert hier viel zu oft nach dem Motto „Wer hat noch nicht, wer will noch mal?“
„Die Haushaltswirtschaft ist sparsam und wirtschaftlich zu führen“, so heißt es auch in der HGO. Auch für eine linke Stadtregierung mit schwacher FDP-Alibibeteiligung gilt das, auch wenn „sparsam“ und „wirtschaftlich“ für Sie offensichtlich eher Fremdworte sind.
(Zurufe)
Das haben Sie persönlich zu verantworten, Herr Pürsün, das ist mir schon klar.
(Heiterkeit)
Und wenn die Verschuldung weiter steigt und trotz Rekordeinnahmen kein ausgeglichener Haushalt vorgelegt werden kann, dann zeigt dies wieder einmal, dass Sie es nicht verstanden haben – auch Sie nicht, Herr Pürsün!
(Beifall)
„Der Haushalt soll in jedem Jahr in Planung und Rechnung ausgeglichen sein“, so heißt es in der HGO weiter. Davon sind wir bekanntermaßen weit entfernt. Wir als Stadtverordnetenversammlung sollten Wert darauf legen, dass diese Grundsätze bei jeder Haushaltsaufstellung streng beachtet werden. Natürlich kann es auch mal Ausnahmesituationen geben. Doch gerade die Ausnahmen bestätigen die Regel und nicht eine dauerhaft falsche Prioritätensetzung, welche diese Stadtregierung an den Tag legt. Diese ideologisch getriebenen falschen Prioritäten zeigen sich dann auch im Haushaltsentwurf. Ich möchte nur exemplarisch ein Beispiel herausgreifen. So sollen allein für den Ausbau einer E‑Ladeinfrastruktur in beiden Haushaltsjahren 16,2 Millionen Euro ausgegeben werden. Wir haben den Antrag gestellt, die Förderung der Ladeinfrastruktur ersatzlos zu streichen, denn es gehört nicht zu den erforderlichen kommunalen Aufgaben der Stadt Frankfurt, die finanzielle Förderung einer gewünschten oder angemessenen Ladeinfrastruktur für E-Mobilität vorzunehmen. Sie bauen ja auch keine Tankstellen.
(Beifall)
Die Entscheidung zur Förderung der E‑Mobilität ist eine politische Entscheidung auf Bundesebene. Insofern haben hier Bund und Länder für deren Umsetzung zu sorgen beziehungsweise diese an private Anbieter zu delegieren oder für diese attraktiv zu machen. Obendrein ist das Stromnetz auch gar nicht auf eine massenhafte Ausweitung von E‑Autos und Wärmepumpen ausgelegt. Aber das nur am Rande.
Es ist eine bekannte Tatsache, dass die Stadt Frankfurt kein Problem auf der Einnahmenseite, sondern auf der Ausgabenseite hat. Die Einnahmen der Stadt aus der Gewerbesteuer sollen sich im nächsten Jahr auf genau drei Milliarden Euro belaufen. Bei den Steuereinnahmen pro Kopf lag die Stadt Frankfurt im Jahr 2020 unter den 14 größten Städten in Deutschland mit weitem Abstand vorne. Andere Großstädte in Deutschland würden in Jubelstürme über nur die Hälfte oder ein Viertel der Gewerbesteuereinnahmen Frankfurts ausbrechen, aber in Frankfurt schafft es die Koalition nicht mal, mit diesem Geld vernünftig umzugehen.
(Beifall)
Dass die Verschuldung der Stadt Frankfurt laut Haushaltsentwurf – so war es zumindest geplant – bis Ende des Jahres 2025 auf über 4,4 Milliarden Euro und bis Ende 2027 auf über fünf Milliarden Euro ansteigen sollte, allein diese Tatsache sollte uns finanzpolitisch innehalten lassen und es sollte möglichst jede Ausgabe, die keine Pflichtausgabe ist, einer Notwendigkeitsüberprüfung unterzogen werden.
(Beifall)
Die Koalitionsfraktionen wollen aber noch mehr Geld ausgeben als der Magistrat selbst, nämlich rund 30 Millionen Euro. Sie haben 253 Etatanträge gestellt, ich glaube, das ist ein neuer Rekord. Es soll Geld ausgegeben werden für – ich sage es mal ganz provokativ – Gedöns und Klientelpolitik. Man kann es nicht anders nennen. Nur einige Beispiele – der Bürger soll mal mitkriegen, wofür so alles Geld da ist -: 90.000 Euro für eine Klima-Taler-App im Jahr 2025, Etatantrag E 198; das AmkA soll insgesamt 500.000 Euro erhalten zur Projektförderung von Vereinen, Initiativen et cetera, E 14; 25.000 Euro mehr für die Beratungsstelle Film, E 239; 50.000 Euro für eine Rassismusstudie und ebenfalls 50.000 Euro für eine Antirassismus-Fachtagung, E 3; 40.000 Euro für ein Welcome-Buddy-Programm, E 19; 50.000 Euro für ein Vereinsprojekt zur digitalen Vernetzung, Information und Beratung afghanischer Frauen, E 23; 30.000 Euro für das Projekt „Vielfaltsfreundinnen“ des Vereins grow together, das eine internationale Frauencommunity schaffen will, E 18; 30.000 Euro für die Umsetzung von Maßnahmen des in Arbeit befindlichen Frankfurter Aktionsplanes LSBTIQ*, E 8; 51.000 Euro zum Kauf von sechs Lastenrädern mit elektrischer Tretunterstützung für den gebührenfreien Verleih durch „Main-Lastenrad“ sowie deren Versicherung und Betrieb in den ersten zwölf Monaten, E 55; 123.000 Euro für das Vereinsprojekt „ComIn Women 4.0“, E 20; 125.000 Euro für ein Vereinsprojekt zur Stärkung der Sichtbarkeit lesbischer Mädchen und Frauen, E 25; 106.000 Euro für ein Vereinsprojekt, um das Informations- und Beratungsangebot für lesbische Frauen zu stärken, E 34; 300.000 Euro für ein Vereinskammerorchester für transkulturelle Gegenwartsmusik, E 147; zwei Millionen Euro für die Schaffung des Frankfurter Kinder- und Jugendparlaments, E 250; 280.000 Euro für Bildungsangebote zum Urban Farming, E 208. Aber keine 100.000 Euro für die Frankfurter Mainfähre – na danke schön!
(Beifall)
Ja, und diese Beispiele sind Legion. Die Liste ließe sich noch beliebig fortsetzen. Ja, wir finden, die Bürger sollten ruhig sehen, wofür diese Koalition alles Geld ausgibt. Das hat mit allem zu tun, nur nicht mit kommunaler Daseinsvorsorge.
(Beifall)
Damit es keine Missverständnisse gibt: Wir haben nichts gegen diese Vereine, wir haben nichts gegen diese Projekte, …
(Zurufe)
… aber es geht hier um Steuerzahlergeld. Es ist keine kommunale Aufgabe. Das müssen Sie auch mal lernen.
(Beifall, Zurufe)
Das Geld, das Sie heute irgendwelchen Projekten für Ihre eigene Wählerklientel zukommen lassen, …
(Zurufe)
Ich habe ein Mikrofon, ich bin etwas lauter als Sie.
Dieses Geld werden morgen die normalen Bürger über höhere Gebühren, Steuern und Ticketpreise zahlen müssen. Deshalb ist eine solche Politik nicht nachhaltig und sie ist nicht sozial – im Gegenteil, sie ist kurzsichtig und unsozial.
(Beifall, Zurufe)
Ich zitiere mal zu Ihrer aller Erinnerung Margret Thatcher: „There is no such thing as public money; there is only taxpayers‘ money.“ Schreiben Sie sich das endlich hinter die Ohren!
(Beifall)
Mit ihrem Etatantrag E 220 möchte dann die Römerkoalition für die konsequente Anwendung geschlechtergerechter Haushaltsplanung insgesamt 100.000 Euro einstellen. Geschlechtergerechtigkeit in der Haushaltsplanung? Besser wäre aus unserer Sicht Generationengerechtigkeit.
(Zurufe)
Oder anders: einen Haushalt aufzustellen, der ausgeglichen ist und der die Verschuldung nicht in die Höhe treibt, sondern senkt.
(Beifall, Zurufe)
Ich habe Sie anscheinend getroffen, das freut mich.
Ein zentrales Anliegen ist uns, gerade in Anbetracht der steigenden Verschuldung unserer Stadt, aufzuzeigen, wo gespart werden kann. Die Streichung der Förderung der E-Ladeinfrastruktur in Höhe von 16,2 Millionen Euro hatte ich schon genannt. Als weitere Entlastung fordern wir die Streichung des sogenannten Erneuerbare-Energien-Fonds – ich nenne es den Weltrettungsfonds. Allein für die Haushaltsjahre 2024 und 2025 ließen sich dadurch 17 Millionen Euro einsparen. In Anbetracht der großen Verschuldung der Stadt sollte die Übernahme von nicht dezidiert kommunalen Aufgaben mit nicht klar definierten Förderungen und hohen Kosten vermieden werden, und um genau eine solche Ausgabe handelt es sich bei dem genannten Weltrettungs- beziehungsweise Erneuerbare-Energien-Fonds.
Eine weitere Entlastung für den Haushalt bedeutet unser Antrag, mit dem die finanziellen Mittel für eine energetische Ertüchtigung von Bestandsgebäuden in Höhe von jeweils 25 Millionen Euro pro Jahr, also 50 Millionen Euro, gestrichen werden sollen. Ja, die Sanierung von städtischen Bestandsgebäuden fällt grundsätzlich in den kommunalen Aufgabenbereich. Sollte eine Sanierung nötig sein, dann ist diese natürlich auch dahingehend durchzuführen, dass entsprechende Energiestandards berücksichtigt werden. Dazu bedarf es aber keines gesonderten Finanzierungsprogramms zur außerplanmäßigen energetischen Ertüchtigung.
(Beifall)
Wir haben in unseren Anträgen durchaus Möglichkeiten aufgezeigt, wie man die Verschuldung zurückführen kann: städtische Schuldenbremse einführen; auf teure Neubauten in Passivhausbauweise verzichten; Pflichtaufgaben möglichst ohne Frankfurt-Aufschlag; eine Prüfung aller freiwilligen städtischen Zuschüsse; die projektbezogene Förderung ausbauen und die institutionelle Förderung zurückfahren. Aufgrund des weiter anwachsenden Schuldenbergs der Stadt Frankfurt sind städtische Zuschüsse gut zu begründen. Städtische Zuschüsse sollten sinnvoll und effizient eingesetzt werden. Dafür ist eine solche Überprüfung der Zuschüsse und Projekte eine Grundvoraussetzung.
(Beifall)
Ja, natürlich muss auch Geld in die Hand genommen werden, aber für die richtigen Dinge. Wir fordern zum Beispiel, dass für die Sanierung der Straßen mehr Geld eingestellt wird. Hierzu sollten statt jeweils knapp fünf Millionen Euro jeweils zehn Millionen Euro lockergemacht werden, was dringend nottut.
(Beifall)
Jeden Tag zeigt sich im Frankfurter Stadtgebiet, dass die bisher eingestellten finanziellen Mittel hierfür nicht ausreichend sind. Statt der zwei genannten Weltenrettungsfonds, die wir gerne streichen würden beziehungsweise gestrichen hätten, wollen wir stattdessen einen Infrastrukturfonds für – ich sage das mal provokativ – außergewöhnliche finanzielle Direktinvestitionen, kurz AfD, im Bereich der Verkehrsinfrastruktur auflegen, und zwar für die Jahre 2024 und 2025 mit jeweils fünf Millionen Euro. Als Beispiel nenne ich die Brückensituation in Griesheim, da konnte man sehen, dass ein solcher Fonds sehr nützlich wäre.
(Beifall)
Wir erinnern uns: Für die Behelfsbrücke wären angeblich nicht mal zwei Millionen Euro da gewesen. In diesem Haushalt keine zwei Millionen für so was? Dafür soll dieser Fonds gut sein. Wir erinnern uns auch daran: Der Druck der Bürger und ein abgelehnter Antrag der AfD haben den Magistrat dann doch noch eines Besseren belehrt und auf einmal war doch Geld da. Das könnte man eben schneller machen, wenn man so einen Fonds hätte.
(Beifall)
Die Stadt soll in solchen Situationen schnell und unbürokratisch handeln können. Aufgrund der Tatsache, dass die Infrastruktur in Frankfurt vielfach vernachlässigt wurde, werden solche unvorhergesehenen Kosten zukünftig häufiger anfallen.
Sehr geehrte Damen und Herren, zu streichen, wo es sinnvoll ist, und in eine saubere, funktionierende, lebenswerte Stadt zu investieren, wo es notwendig ist, das muss das Motto sein. In zwei Sätzen zusammengefasst, kann man zum Doppelhaushalt aus Sicht unserer Fraktion sagen: Sie setzen vollkommen falsche Prioritäten. Und Sie können es nicht oder Sie wollen es nicht.
Vielen Dank!
(Beifall)