Herr Vorsteher,

meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Nachdem wir jetzt drei kommunalpolitische Situationsberichte gehört haben, versuche ich einmal zum Thema zu sprechen. Es ist der Tagesordnungspunkt 10. beziehungsweise 11., das heißt die Wahl von Dezernenten. Diese Wahl ist Folge des Wahlergebnisses, das heißt, es hat rechnerisch nicht mehr für eine Zweierkoalition gereicht, sodass wir jetzt eine Dreierkoalition haben mit der Folge, dass Dezernenten abgewählt wurden und auch neue Dezernenten gewählt werden mussten. Was uns aufgefallen ist, und wir haben das auch zum Gegenstand eines Antrages gemacht, ist, dass der Magistrat von derzeit neun auf zehn Positionen erweitert werden soll. Da kann man sich fragen, wie viele Dezernenten braucht denn eine Stadt? Wir hatten diese Diskussion zuletzt im Jahr 2013, als die Stelle des damals ausscheidenden Stadtrates Stein frei wurde. Stadtrat Stein war ursprünglich zuständig für Wirtschaft, Ordnung, Sicherheit, Sauberkeit – ich weiß nicht für was noch -, Hafenbetriebe, glaube ich. Man hat ihm dann die Zuständigkeiten peu à peu abgenommen, sodass er dann eigentlich fast nichts mehr zu tun hatte. Die Bildzeitung hatte damals einen Bericht über ihn geschrieben, hat das aufgegriffen und gefragt, was er nachmittags macht. Dabei hat er eigentlich vormittags schon nichts mehr gearbeitet.

 

(Heiterkeit)

 

Ich habe ihn ja oft genug besucht. Er kam um 10.00 Uhr ins Büro, wenn ich ihn um 10.15 Uhr besucht habe, war er im Regelfall mit seinem Tagespensum bereits fertig. Das heißt, wir hatten damals die Diskussion, ob man diese Stelle einsparen kann. Es war eigentlich breiter Konsens, vor allem in der SPD, bei den LINKEN, aber auch beim Oberbürgermeister selbst. Der hatte damals gesagt, diese Stelle ist überflüssig, die muss man nicht neu besetzen, acht Dezernenten reichen aus. Wir wissen aber alle, dass diese Dezernentenstelle damals neu besetzt wurde. Wir wissen auch, warum sie neu besetzt wurde. Weil man einen Versorgungsposten für Herrn Schneider brauchte. Im Herbst 2013 war Landtagswahl. Für Herrn Schneider war ursprünglich ein Landtagsmandat vorgesehen, das aber Boris Rhein beanspruchte, der bei der Oberbürgermeisterwahl gescheitert war. Man musste also einen Dezernentenposten für den jetzigen Dezernenten Schneider finden.

 

Stadtverordnetenvorsteher Stephan Siegler:

Herr Dr. Rahn, ich darf Sie einmal kurz unterbrechen. Dürfte ich bitte die Ecke hinten links darum bitten, entweder still zu sein oder den Raum zu verlassen, damit alle Teilnehmer der Sitzung folgen können.

 

(Zurufe)

 

Das gilt auch für Sie, Frau Ditfurth.

 

(Zurufe)

 

Einen Ton, den ich höre, das ist Ihre Stimme, und zwar permanent. Vielleicht liegt es an der Frequenz, dass Ihre Stimme besonders prägnant ist. Ich habe aber den subjektiven Eindruck, dass das auch etwas mit der Lautstärke zu tun hat. Vielen Dank!

 

(Zurufe)

 

Herr Dr. Rahn, Sie haben das Wort. Die Zeit bekommen Sie gutgeschrieben.

 

Stadtverordneter Dr. Dr. Rainer Rahn, AfD:

(fortfahrend)

 

Es würde mich schon irritieren, wenn in der linken Ecke keine Unruhe wäre, weil ich es eigentlich nicht anders gewohnt bin. Ich versuche es aber trotzdem.

 

Wir waren bei Stadtrat Schneider, der ja, wie wir alle wissen, im Juni 2013 gewählt wurde, und heute – ich habe das im Internet nachgeschaut – für Reformprojekte, Bürgerservice und IT, was immer man darunter verstehen kann, zuständig ist. Ich weiß auch nicht, ob man ein solches Dezernat unbedingt benötigt. Die Stadt Frankfurt am Main ist 1.200 Jahre ohne ein solches Dezernat ausgekommen. Immerhin macht der Dezernent seine Arbeit ordentlich, aber er ist offensichtlich nicht ausgelastet. Er hätte noch Kapazitäten frei, er ist ein junger Mann, und könnte durchaus auch noch zusätzliche Aufgaben übernehmen. Also steht fest, neun Dezernenten sind in jedem Fall ausreichend.

 

Nun muss die Koalition begründen, wofür wir den zehnten Dezernenten brauchen. Da haben wir die gleiche Begründung bekommen, die wir im Jahr 2013 schon einmal gehört haben, nämlich die wachsende Stadt braucht mehr Dezernenten. Damals hatte Herr zu Löwenstein vorgetragen, die Stadt Frankfurt habe relativ wenige hauptamtliche Dezernenten, nämlich einen Dezernenten pro 70.000 Einwohner. Hanau und Wiesbaden haben einen Dezernenten pro 40.0000 Einwohner. Also das offenbart schon einmal schlichtestes Dreisatzdenken. Wenn man diese Rechnung weiterdenkt, dann könnte man auch argumentieren, Hanau hat 90.000 Einwohner und einen Oberbürgermeister, Frankfurt hat 700.000 Einwohner und müsste acht Oberbürgermeister haben.

 

(Beifall)

 

Das hat mit der Realität eigentlich nichts zu tun. Man könnte diese Denkweise auch auf andere politische Gremien übertragen, also zum Beispiel auf eine Landesregierung. Nehmen wir das Land Luxemburg. Das hat 570.000 Einwohner und 15 Minister. Nach dieser Relation müsste es in Hessen 170 Minister geben, in der Bundesregierung 2.200 und in der Volksrepublik China 33.000. Da ist doch klar, dass die nichts mehr zu tun hätten. Also, wenn man aber schon den Dreisatz bemüht, dann sollte man tatsächlich vergleichbare Städte in die Berechnung mit einbeziehen. Wenn man zum Beispiel vergleicht, hat Frankfurt einen Dezernenten pro 70.000 Einwohner, Leipzig hat einen pro 80.000 Einwohner, Stuttgart einen pro 90.000 Einwohner und Köln und München einen pro 140.000 Einwohner. Das sind Städte, die mit Frankfurt vergleichbar sind. Die kommen also doch offensichtlich mit deutlich weniger Dezernenten aus als Frankfurt.

 

Die tatsächlichen Gründe sind aber auch offensichtlich. Das Wahlergebnis zeigt, die CDU hat Stimmen verloren, sie wollte aber eigentlich ihre fünf Dezernenten behalten. Es war aber klar, dass sie höchstens vier würde behalten können. Die wollte sie aber auf jeden Fall behalten. Nachdem die SPD ein identisches Wahlergebnis hatte, beanspruchten sie natürlich auch vier Dezernenten, die GRÜNEN wollten zwei Dezernenten haben, was von der Relation auch halbwegs stimmt, und dann kommt man eben auf zehn Dezernenten. Wenn die FDP seinerzeit auch mit in die Koalition gegangen wäre, wäre man rechnerisch bei neun gelandet, weil die FDP eben nur ein Dezernat beansprucht hätte. Aber selbst diese Rechnung, die CDU und SPD aufmachen, ist eigentlich nicht richtig. Wenn man vom Wahlergebnis ausgeht, zum Beispiel von dem der GRÜNEN, und sagt, die GRÜNEN haben 15 Prozent und zwei Dezernenten, dann wären es bei 24 Prozent, wie es die CDU und die SPD haben, rechnerisch dann 3,2 Dezernenten, das würde man abrunden und wäre dann bei drei plus drei plus zwei, also bei acht Dezernenten. Dann wäre zumindest der Dreisatz oder die Berechnung korrekt.

 

Dass dieses Verhältnis nicht stimmt, wird auch an der geplanten Dezernatsverteilung deutlich. Die CDU-Dezernenten behalten im Wesentlichen ihre Zuständigkeiten, die SPD übernimmt ihre Dezernate eins zu eins, nämlich die Ressorts Verkehr, Bildung, Planen und Bauen sowie Kultur und die GRÜNEN behalten auch die Zuständigkeiten von einem ihrer Dezernenten, die dann quasi auf zwei Dezernenten verteilt werden. Das heißt, das, was Frau Heilig früher alleine gemacht hat, und ich hatte nicht den Eindruck, dass sie überlastet war, wird jetzt auf zwei Schultern verteilt. Auch daraus wird deutlich, dass wir in keinem Fall zehn Dezernate brauchen. Man hat ja noch nicht einmal versucht, wie man das früher gemacht hat, ein wohlklingendes neues Dezernat zu schaffen, um zumindest den Eindruck von Aktivität zu vermitteln, noch nicht einmal diese Mühe hat man sich gemacht. Die Zeitungen haben sich nun auch klar positioniert und ausgerechnet, was ein zusätzliches, überflüssiges Dezernat kostet. Man kam auf 300.000 Euro pro Jahr. Das ist der Bevölkerung, vor allem vor dem Hintergrund der finanziellen Lage der Stadt, eigentlich kaum vermittelbar. Die Bürger beklagen sich zu Recht, dass es viele Politiker gibt, die bezahlt werden, aber eigentlich nichts leisten. Das ist vordergründig richtig, aber im Grunde genommen sollte die Bevölkerung dankbar für jeden Politiker sein, der zwar Geld kostet, aber auch nichts macht, denn dann macht er wenigstens keine Fehler.

 

(Zurufe)

 

Ja, genau. Ich selbst und viele andere würden der Bundeskanzlerin gerne das Dreifache Ihres Gehalts bezahlen, wenn sie dafür den ganzen Tag im Keller sitzen und nichts machen würde.

 

(Beifall)

 

Dennoch hat man nun vier neue Dezernate ausgeschrieben. Ich habe mir den Ausschreibungstext angeschaut. Darin stand: Voraussetzungen: Erstens Unionbürger, zweitens mindestens 18 Jahre alt. Das ist relativ wenig. Unionsbürger wird man in der Regel durch Geburt, dann wartet man 18 Jahre und hat alles zusammen. Es ist keine weitere Qualifikation erforderlich, das heißt, ich hätte mich auch bewerben können, habe es aber nicht gemacht. Was mich davon abgehalten hat, war der nächste Satz, den ich dann gelesen habe: Die Bewerber müssen bereit sein, in allen Verwaltungsbereichen tätig zu werden. Das ist nur etwas für Personen, die alles können, oder die glauben, alles zu können. Ich gehöre nicht zu diesen Personen, aber es gibt natürlich hier im Haus genug, auf die das zutrifft. Herr Cunitz hat ja in seinem letzten Interview gestern oder vorgestern in der FNP zutreffend gesagt: „Denn in der Politik sind Kompetenz und Leistung nicht immer das Wesentliche“. Damit hat er tatsächlich recht.

 

Damit kommen wir aber zur Frage der Eignung. Nehmen wir den ersten Kandidaten, der zur Wahl steht. Das ist Stadtkämmerer Becker. Bei ihm ist es relativ einfach, er macht seine Kämmerei seit ungefähr zehn Jahren. Das macht er auch sehr ordentlich und diese Zuständigkeit behält er auch. Repräsentieren und den Oberbürgermeister vertreten, das macht er jetzt auch schon. Das Einzige, was anders sein wird, ist, dass er dann eine Kette hat. Gut, die ist etwas bescheidener als die des Oberbürgermeisters, aber vielleicht merkt er das auch nicht. Eigentlich wäre Stadtkämmerer Becker damit wählbar gewesen, jedenfalls bis gestern. Gestern habe ich eine E-Mail erhalten, nicht nur ich, sondern meine Fraktionskollegen auch, von seinem Konkurrenten Herrn Wehnemann. Er redet mich mit „Lieber politischer Freund“ an und schreibt dann weiter, „er möchte ein Zeichen gegen den festgefahrenen Politikklüngel setzen“. Dann schreibt er: „Als politischer Weggefährte begegnete ich der Arbeit Ihrer Fraktion“, also gemeint ist die AfD, „stets mit Wohlwollen, Hochachtung und Neid. Heute bitte ich Sie im Gegenzug dafür um Ihre Unterstützung“. Die geben wir ihm natürlich gerne. Damit hat er uns überzeugt, unsere Stimmen bekommt er.

 

(Beifall, Heiterkeit)

 

Damit kommen wir zu den vier zu wählenden Kandidaten. Zu zweien kann ich nichts sagen, weil ich sie nicht oder zu wenig kenne. Da fällt mir eine Beurteilung schwer. Anders ist es bei den beiden, die wir seit vielen Jahren hier im Haus kennen, zum Beispiel bei dem Kandidaten Oesterling. Über ihn schreibt die Zeitung, der könnte jedes Dezernat außer Kultur. Das kann ich nur bestätigen. Das kann er tatsächlich. Für das Verkehrsdezernat, für das er vorgesehen ist, ist er sicherlich der ideale Mann, die ideale Besetzung. Er ist ausgewiesener Experte, er fährt selbst seit 50 Jahren täglich mit der U-Bahn. Allein das qualifiziert ihn eigentlich schon für den Posten des Verkehrsdezernenten. Andererseits besitzt er keinen Führerschein, das gibt Punktabzug, aber er fährt eben auch kein Fahrrad. Das kompensiert das dann wieder.

 

(Beifall, Heiterkeit)

 

Also insgesamt ist er sehr kompetent und für den Posten sicherlich eine sehr gute Wahl, sicherlich der beste Mann, den die SPD aufbieten kann. Auch hier würde ich die Empfehlung aussprechen, den Kandidaten zu wählen. Das Gleiche gilt für die Kandidatin Weber, die ebenfalls sehr kompetent ist. Sie tritt zwar ein schwieriges Dezernat, dafür aber ein leichtes Erbe an. Sie hat zwei völlig unfähige Vorgängerinnen, da kann sie eigentlich nur alles besser machen. Das Fazit ist also, nachdem zwei grüne Dezernenten abgewählt wurden, kann der Magistrat nur besser werden, zumal er durch den ehrenamtlichen Magistrat, den wir heute erfolgreich gewählt haben, auch schon deutlich kompetenter aufgestellt ist.

 

Vielen Dank!

 

(Beifall)