Rede des Stadtverordneten Reinhard Stammwitz zum Sperrung des Mainkais (Antrag der LINKEN NR 1176)

Frau Vorsteherin,

werte Kolleginnen und Kollegen!

Die Mainkai‑Sperrung ist eine Art Schlüsselerlebnis mit Erkenntnissen über die Art und Weise, wie in dieser Stadt die Verkehrswende angegangen wird, nämlich a) mit viel zu viel ideologischem Eifer und b) mit einem Mangel an Professionalität. Beides möchte ich konkretisieren und ich beginne mit a): Wir alle verbinden mit dem Schlagwort Verkehrswende eine Verkehrspolitik, die auf weniger Autoverkehr abstellt mit dem Ziel, die damit einhergehende Lärm- und Emissionsbelastung zu reduzieren und zugleich die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Bedauerlicherweise steht die Sperrung des nördlichen Mainufers für das genaue Gegenteil. Der vom Mainufer verdrängte Autoverkehr hat sich nicht reduziert, sondern er ist in die schon ohnehin stark belasteten Straßen auf der Stadtseite und in Sachsenhausen ausgewichen. Dadurch hat sich die Lebensqualität Zigtausender durch Lärm, Abgase und Staus verschlechtert, hinzu kommen die Leiden der Autofahrer und der finanzielle Schaden des gewerblichen Verkehrs.

(Beifall)

Es gibt demnach nur Verlierer außer die wenigen Anwohner am Mainkai.

Üblicherweise gehört zur Verkehrswende ein ganzheitliches Konzept. Unkoordinierte Einzelmaßnahmen, insbesondere die ideologisch motivierte Drangsalierung des Autoverkehrs, gehören nicht dazu.

(Beifall)

Für Frankfurt scheint dies nicht zu gelten. Wie sonst ist die „aktionistische und zugleich völlig sinnfreie“, Zitat aus dem Antrag des Ortsbeirates 5, Mainkai-Sperrung zu erklären? Dr. Kößler hat Hinweise gegeben: Es geht zwischenzeitlich nur noch um ein – nicht mehr ergebnisoffenes  Prestigeobjekt für die SPD und um die Befriedigung von allen möglichen Ideologen.

Nun zu b), dem Mangel an Professionalität: Die täglich von über 20.000 Autos befahrene nördliche Mainuferstraße wurde von heute auf morgen ohne jede Vorbereitung gesperrt, ohne jeden Plan und vor allem ohne vorher sicherzustellen, dass weniger Autos in der Stadt sind. Diese Vorgehensweise ist zweifelsohne dilettantisch und damit auch Indikator für eine mangelnde Professionalität.

(Beifall)

Auf eine konstruktive Weise will ich dies am Beispiel von drei Verbesserungspotenzialen vertiefen:

Erstens: Als AfD fordern wir für die Verkehrswende eine verkehrsmittelübergreifende Gesamtstrategie inklusive eines Masterplans, der sämtliche Einzelmaßnahmen in den Verkehrsbereichen Fahrrad, Schiene, Auto, Bus, Lastwagen und so weiter in der Zeitachse abbildet. Aus der Detailplanung für jedes einzelne Projekt geht unter anderem hervor, ob und in welchem Ausmaß sich das jeweilige Projekt in den speziellen Masterplan zur Umwidmung von Innenstadtflächen zur autofreien Zone einfügt.
All dies ist eigentlich eine Management‑Binsenweisheit. Und, ich würde hierüber nicht referieren, sofern dies auch in dieser Stadt eine Selbstverständlichkeit wäre, aber genau dies ist nicht der Fall, wie der Mainkai-Versuch zeigt. Hier wurde bekanntlich der zweite Schritt vor dem ersten Schritt getan, indem die Sperrung ohne vorherige Reduzierung des Autoverkehrs vollzogen wurde.

Zweitens befürworten wir ein spezielles Softwaretool, welches die Konzipierung der Verkehrswende unterstützt. Ich spreche von einer Software, welche die Mobilität zahlenmäßig umfangreicher und differenzierter als bisher abbildet und sämtliche Informationen mit künstlicher Intelligenz verarbeitet. Ein solches Planungstool, lieber Herr Emmerling, liefert mehr als bunte Grafiken zur Verkehrsbelastung in wichtigen Verkehrsadern. Es ermöglicht vor allem, sogenannte Was-wäre-wenn-Szenarien zu simulieren und dient damit der Entscheidungsvorbereitung. Verkehrsversuche sollten sich dadurch weitgehend erübrigen, insbesondere solche, bei denen Autofahrer und Anwohner als Versuchskaninchen missbraucht werden.

(Beifall)

Drittens fordern wir im Bereich Verkehrsmanagement, ebenfalls stärker auf die Digitalisierung und künstliche Intelligenz zu setzen mit dem Ziel, die vorhandene Verkehrsinfrastruktur effizienter zu nutzen. Das Verbesserungspotenzial ist enorm. Ich erkenne dies jedes Mal auf das Neue, wenn ich auf den nur 2.500 Metern von der Sachsenhäuser Warte bis zur Querung des Mains insgesamt 20 Ampeln begegne, die mich zu sehr vielen Stopps und sehr oft auch zu langen und oftmals völlig sinnfreien Wartepausen nötigen. Durch Einsatz von intelligenten Ampelsystemen lässt sich dies ändern. Solche Systeme erfassen die aktuelle Verkehrssituation an Kreuzungen und ganzen Streckenverläufen mit Sensoren, Kameras und anderer Technik und wägen auf der Basis so gewonnener Daten die Interessen der Verkehrsteilnehmer ab, um situationsbezogen den Verkehrsfluss bestmöglich zu steuern. Das Ergebnis sind geringere Wartezeiten und damit einhergehend weniger Schadstoffemissionen. All dies passt gut zur Forcierung des Radverkehrs, denn ein mit Nachdruck optimierter Verkehrsfluss vermag die Schlechterstellung des Autoverkehrs zumindest teilweise zu kompensieren, also zwei Fliegen mit einem Streich.

Nun zurück zum Mainkai:

Lieber Herr Oesterling, in der letzten Ausschusssitzung stilisierten Sie die Mainkai-Sperrung zum unantastbaren Symbol für die Verkehrswende. Irgendwie erinnert mich dies an Goethes Zauberlehrling. Damals musste die unvorbereitete Mainkai‑Sperrung herhalten, um vom Fehlen einer Gesamtstrategie samt Masterplan abzulenken und zugleich den Akteuren von Fridays for Future und vom Radentscheid Tatkraft vorzutäuschen. Heute werden Sie die Geister, die Sie damals hofierten, nicht mehr los und sehen sich deshalb genötigt, die Mainkai-Sperrung beizubehalten, zumal diese Geister zwischenzeitlich unverhohlen jenen Parteien drohen, die ihrem Diktat nicht folgen wollen. Die Haltung der AfD zu alldem ist – mit oder ohne Erlass des Regierungspräsidiums – eindeutig:

Die als absurdeste Verkehrswende in Deutschland verspottete Mainkai-Sperrung muss ein Ende haben, da sie überall für mehr Verkehr, für mehr Lärm und für mehr Emissionen und zugleich für weniger Verkehrssicherheit sorgt, mit einer einzigen Ausnahme: dem recht öden Straßenstück, das man gerne zügig überschreitet, um zum Mainufer mit seinen attraktiven Freiflächen zu gelangen.

Ich danke für das Zuhören!

(Beifall)