Rede des Stadtverordneten Andreas Lobenstein zu Antrag NR 283 der Koalitionsfraktionen („Rassismus in Frankfurt entschieden bekämpfen I: Anti-Schwarzem Rassismus in Frankfurt entgegentreten und koloniale Vergangenheit aufarbeiten“)

Sehr geehrter Herr Vorsteher,

meine Damen und Herren!

Wir haben jetzt schon einiges zum Thema Rassismus gehört, und es wäre in der Tat nicht sonderlich klug und sogar realitätsverweigernd, wenn man bestreiten würde, dass es auch in dieser unserer Gesellschaft Rassismus gibt. Ob aber auch wirklich alles, was so bezeichnet wird, tatsächlich Rassismus ist, kann man durchaus hinterfragen. Das aber sei jetzt hier nicht das Thema.

Wir lehnen den Antrag der Koalition, wie Sie wahrscheinlich schon zu Recht vermutet haben, ab, weil wir den ganzen Politikansatz, der dahintersteht, ablehnen. Wir sind der festen Überzeugung, dass sich politisches Handeln darauf beschränken sollte, ein friedliches Miteinander in möglichst sorgenfreiem Wohlstand zu ermöglichen, …

                      (Beifall, Heiterkeit)

… aber nicht die Gesellschaft zu besseren Menschen erziehen zu wollen. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass ein solches Ansinnen regelmäßig in totalitäre Gesellschaftsformen mündete und somit seine ursprünglichen Ziele nicht nur verfehlte, sondern eher Schaden als Nutzen anrichtete. Als Beispiel sei hier auf die Schaffung des Homo Sovieticus nach der Russischen Revolution verwiesen. Alexander Sinowjew hat in seinem gleichnamigen Roman sehr plastisch und sarkastisch beschrieben, wie das damalige herrschende System die Menschen zum Schlechten veränderte. Wenn man dann liest, dass unsere Bundes‑Antifa‑Ministerin Nancy Faeser Demokratieerziehung schon in den Kindergärten fordert, und wenn man dann das seltsame Demokratieverständnis dieser Dame zum Thema Meinungs- und Versammlungsfreiheit kennt, dann kann einem wirklich nur angst und bange werden.

                        (Beifall, Zurufe)

Hören Sie bitte auf, die Bürger in Ihrem Sinne andauernd erziehen zu wollen. In einer parlamentarischen Demokratie ist es die Aufgabe der Parlamente, das Staatsvolk zu vertreten, nicht, es zu vermeintlich besseren Menschen zu erziehen. Das ist pure Anmaßung.

                              (Beifall)

Darüber hinaus stellt sich für uns die Frage, wie viele Anträge nach diesem als römisch Eins bezeichneten denn noch folgen sollen? Drei, sieben, zehn, 20? Sollen etwa nach dem sogenannten …

                              (Zurufe)

Werde ich.

Sollen etwa nach dem sogenannten anti‑Schwarzen Rassismus noch sämtliche anderen Hautfarben oder ethnischen Herkünfte durchdekliniert werden? Nein, ein solcher Politikansatz führt notwendigerweise zu mehr Unfreiheit, Gängelung, Denunziation und Spaltung der Gesellschaft. Das lehnen wir entschieden ab.

                             (Beifall)

Kommen wir doch aber einmal zum Antrag selbst. Ich zitiere: „Die Stadt Frankfurt am Main […] erkennt an, dass Menschen afrikanischer Abstammung Opfer des Kolonialismus waren und von dessen Folgen betroffen sind.“ Auch hier sind wir der Meinung, dass es nicht Aufgabe von politischen Gebietskörperschaften ist, historische Ereignisse abschließend zu bewerten und somit als unumstößliche Lehrmeinung geradezu kanonisch ex cathedra zu verkünden.

Es geht weiter im Text: „Die Stadt Frankfurt verfolgt stets das Ziel einer diskriminierungs- und gewaltfreien Sprache.“ Ich frage mich: Wie soll das konkret aussehen beziehungsweise gelebt werden? Einsetzung einer Sprachpolizei beziehungsweise Zensurbehörde? Wie viele Worte sollen insgesamt noch geächtet werden? Vielleicht das H‑Wort, das für die handelsübliche Beleidigung als männlicher Abkömmling einer das Gewerbe der käuflichen Liebe betreibenden Dame steht? Muss das nicht auch geächtet werden, damit sich niemand erniedrigt oder diskriminiert fühlt? Wird dann das K‑Wort – K steht für eine Bodenfrucht, die hierzulande seit Friedrich dem Großen populär wurde – auch als diskriminierende Bezeichnung für die Autochthonen geächtet – ich sehe die Ersten schon wieder hyperventilieren, das ist erfreulich -, oder ließen sich noch eine Reihe anderer Begrifflichkeiten finden, die diskriminierend sind? Wollen Sie die alle verbieten lassen und wie soll das konkret aussehen?

                              (Zurufe)

Ich zitiere weiter aus dem Text: „Wir bekennen uns zu Offenheit und Toleranz im Zusammenleben aller Menschen in Frankfurt.“ Ja, diesem Bekenntnis schließen wir uns vorbehaltlos an, ist aber auch eigentlich eine Selbstverständlichkeit oder sollte zumindest eine sein. Meiner Erfahrung nach sind jedoch die, die am lautesten von Offenheit von Toleranz reden, meistens am wenigsten mit diesen Tugenden gesegnet. Das merkt man auch hier im Hause des Öfteren oder gerade in diesem Augenblick wieder.

                              (Beifall)

Kommen wir zum Kern Ihres Antragstextes: „Die Stadtverordnetenversammlung möge außerdem beschließen, das ‚N*‑Wort‘ und das ‚M*‑Wort‘ als rassistisch und diskriminierend anzuerkennen und zu verurteilen.“ Das Thema hatten wir schon in unserer vorletzten Sitzung. Mein Kollege Markus Fuchs hat alles Notwendige dazu gesagt, deswegen möchte ich hier nicht mehr darauf eingehen. Mit Verlaub aber, das ist einfach sinnlose Symbolpolitik und in letzter Konsequenz der Ruf nach der Sprachpolizei.

Kommen wir doch einmal auf ein paar weitere pikante Abschnitte Ihres Antrags. Da wird der Magistrat aufgefordert, „geeignete Formen einer gesamtzivilgesellschaftlichen Auseinandersetzung und Debattenformate zu diskriminierungsfreier Sprache zu erarbeiten und diese umzusetzen. Auch hierbei sollen zivilgesellschaftliche Organisationen und Akteur*innen eng mit eingebunden sowie Betroffene gehört werden.“ Da frage ich mich schon: Wie muss man sich das konkret vorstellen und was ist eine „gesamtzivilgesellschaftliche“ Debatte? Es stößt im gesamten Text immer wieder unangenehm auf, dass mit solchen Wortschwurbeleien verschleiert werden soll, Ihnen genehme NGOs und ähnliche Organisationen und Vereine, die Ihnen politisch nahestehen, mit Aufträgen für Gefälligkeitsgutachten zu versorgen.

Weiter im Text: „Besondere Fortbildungsangebote zu interkultureller Kompetenz und Sensibilisierung für anti‑Schwarzen Rassismus für städtische Mitarbeitende zu konzipieren, auszubauen und in die Ausbildungspläne aufzunehmen.“ Das ist interessant. Wer trainiert denn da künftig die städtischen Mitarbeiter? Wohl auch wieder sogenannte Experten, die sich aus zweifelhaften Institutionen Ihrer linken Klientel rekrutieren. Hinter Ihrem hohen moralischen Anspruch scheint hier klar der banale Wunsch durch, die eigene identitätspolitische woke Blase mit Jobs zu versorgen. Sie reden von Moral und übrig bleibt schnöder Nepotismus.

Vielen Dank!

                              (Beifall)

 

Erwiderung auf die Vorwürfe von Bürgermeisterin Eskandari-Grünberg im Laufe der Debatte:

Sehr geehrter Herr Vorsteher,

meine Damen und Herren!

Liebe Frau Bürgermeisterin – ja, ich spreche Sie jetzt auch an, es wäre nett, wenn Sie kurz hierbleiben. Ich habe, ehrlich gesagt, überhaupt kein Problem damit, wenn Sie mich kritisieren, persönlich kritisieren oder auch die AfD kritisieren, das ist selbstverständlich Ihr gutes Recht und das soll auch so sein. Aber ich würde Sie dann doch ganz, ganz herzlich bitten, wenn Sie das tun, auch genau zuzuhören und mir nicht das Wort im Mund umzudrehen. Deswegen möchte ich hier noch einmal meinen ersten Satz vorlesen, den ich gesprochen habe. Ich habe gesagt: „Wir haben jetzt schon einiges zum Thema Rassismus gehört und es wäre in der Tat nicht sonderlich klug und sogar realitätsverweigernd, wenn man bestreiten würde, dass es auch in dieser unserer Gesellschaft Rassismus gibt.“ Wo habe ich hier Rassismus relativiert, verharmlost, negiert? Habe ich nicht.

                              (Beifall)

Noch ein Weiteres möchte ich hinzufügen. Sie haben sich darüber mokiert, dass ich das Wort „gesamtgesellschaftlich“ als Wortschwurbelei bezeichnet habe. Ja, das ist so. Man hat früher von der gesellschaftlichen Debatte gesprochen, das war früher so üblich. Dann hat es sich irgendwann eingebürgert, dann hat man von einer gesamtgesellschaftlichen Debatte gesprochen. Aber hier im Antrag steht: „gesamtzivilgesellschaftlich“. Das, mit Verlaub, halte ich für eine Wortschwurbelei. Was ist denn gesamtzivilgesellschaftlich im Gegensatz zu gesellschaftlich? Das verstehe ich nicht. Das sind so Wortkreationen, die niemanden weiterbringen, die einfach nur Nebelkerzen werfen. Das ist alles, was ich damit gesagt habe. Wenn Sie das als Hass und Hetze empfinden, dann weiß ich nicht. Da gibt es Schlimmeres.

                              (Beifall)

Im Fortgang Ihrer Rede haben Sie dann sogar noch selbst von den Stellen, die Sie schaffen wollen, gesprochen. Insofern haben Sie das, was ich vorgeworfen habe, noch ausdrücklich bestätigt. Also insofern weiß ich nicht, ob Ihre Replik wirklich so treffend war. Ich würde es nicht so sehen.

Vielen Dank!