Rede des Stadtverordneten Markus Fuchs zu Antrag NR 316 der Koalitionsfraktionen („Klimaneutrales Frankfurt 2035“)

Sehr geehrter Herr Vorsteher,

meine Damen und Herren!

Eigentlich wollte ich mich gar nicht zu Wort melden, aber jetzt muss der dicke böse Mann von der AfD vielleicht doch noch ein bisschen Wasser in den Wein kippen.

Alle scheinen hier einer Meinung zu sein. Wenn es nur eine Meinung gibt, dann braucht es dringend eine zweite oder jemanden, der den Advocatus Diaboli spielt. Sie streiten sich hier im Endeffekt im Kern nur darüber, in welcher Farbe die Tapete gestrichen wird. Es stellt sich aber keiner mehr die Frage, ob überhaupt tapeziert werden soll.

                              (Beifall)

Worum geht es Ihnen? Um die Klimarettung. Unter der Rettung der Welt scheint hier im Frankfurter Stadtparlament nichts mehr zu gehen. Frankfurt scheint den meisten wohl nicht groß genug und die Kernaufgaben der Kommunalpolitik scheinen vielen vielleicht doch etwas zu banal zu sein. Vor einigen Wochen sprach Frau David sogar davon, man müsse „kommunale Außenpolitik“ betreiben.

                              (Zurufe)

Ja, das haben Sie gesagt.

Das ist genau die Art von Hybris, da sollten Kommunalpolitiker doch ein bisschen einen Gang zurückschalten.

                              (Beifall)

Ich glaube auch generell, dass es eine Form der Hybris ist, wenn die Kommunalpolitik meint, Klimaretter für die gesamte Welt spielen zu können. Unabhängig davon, meine Damen und Herren, wie hoch der anthropogene Anteil am Wandel des Klimas ist, ob der bei 20, 50, 80 oder 100 Prozent liegt, das spielt hier im konkreten Fall gar keine Rolle, Deutschland trägt selbst gerade nicht einmal mehr zwei Prozent zum globalen CO2‑Ausstoß bei. Der Frankfurter Anteil daran dürfte vermutlich kaum messbar sein. Und zum selben Zeitpunkt werden in China und in Indien Kohlekraftwerke errichtet, es wird der Regenwald abgeholzt. Sie glauben allen Ernstes, wenn Sie hier ein bisschen Klimapolitik betreiben, dann würde das irgendeine Relevanz haben.

                              (Beifall)

Was wir konkret beeinflussen können, das ist das Mikroklima in der Stadt. Da sollte man durchaus auch etwas tun. Die berühmten Frischluftschneisen, die Herr Zieran immer gerne bemüht, da würde ich ihm sogar zustimmen. Aber alles andere, das muss ich ganz ehrlich sagen, halte ich schlicht und einfach für anmaßend. Es ist kein Wunder, wenn man zu diesem Thema redet, hat das fast schon eine religiöse Komponente. Wer da von dieser Meinung abweicht, der wird als Ketzer behandelt. Noch landet man nicht auf dem Scheiterhaufen, aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Ich möchte Ihnen eine andere Sichtweise oder eine andere Prognose geben, weil viele anscheinend immer noch nicht verstanden haben, was auf uns zukommt. Herr Zieran hat tatsächlich etwas Richtiges gesagt. Er sprach von der unteren Mittelschicht und den armen Menschen in diesem Land. Was viele hier aber gar nicht auf dem Radar haben: Die ökonomischen und sozialen Verwerfungen, die auf uns zukommen, die werden elementar werden, und es wird nicht nur eine kleine Schicht betreffen, es wird die Mehrheit in diesem Land betreffen.

                              (Beifall)

Da wird die Frage sein: Wie fülle ich meinen Kühlschrank? Kann ich mir die Miete noch leisten? Kann ich mir die Heizung noch leisten? Darauf wird es hinauslaufen, meine Damen und Herren. Die Kommune wird sich, ob sie will oder nicht, in den nächsten Jahren auf ihre Kernaufgaben reduzieren müssen. Es gibt Pflicht und es gibt Kür. Zur Pflicht gehören ganz einfache Dinge, dass die Bürgerämter funktionieren, dass die Straßen in ordentlichem Zustand sind – ich denke hier nur an unsere Industriestraßen -, dass die Feuerwehr nicht mit 20 Jahre alter Software arbeiten muss. Das sind erst einmal Pflichtaufgaben und dann erst kommt die Kür. Ich sage Ihnen klipp und klar: Ich glaube nicht, dass in den nächsten Jahren Geld für Kür da sein wird. Aber mir ist auch klar, dass Sie das nicht hören wollen. Das ist mir mittlerweile aber auch vollkommen egal, ob Sie es wollen oder nicht wollen. Ich sage Ihnen nur so viel: Wenn Sie einen aktiven Beitrag zur Klimapolitik machen müssen oder wollen, sollten Sie einfach weniger heiße Luft produzieren.

Vielen Dank!

                              (Beifall)