Rede des Stadtverordneten Markus Fuchs zu Antrag NR 463 der AfD („Jetzt städtischen Blackout-Notfallplan für Frankfurt erstellen!“)

Sehr geehrter Herr Vorsteher,

meine Damen und Herren!

Wurde man vor einigen Monaten noch als Fantast oder gar Panikmacher beschuldigt, wenn man über die Möglichkeit eines Blackouts sprach, so dürfte die Realität dies in den letzten Wochen geändert haben. Auf eine Anfrage der AfD-Fraktion im Jahr 2020, also vor zwei Jahren, wie der Magistrat die Gefahr eines Blackouts einschätze, antwortete der Magistrat, ich zitiere: „Nach Bewertung des städtischen Energiereferates wird das Risiko eines möglichen Blackouts auch in Zukunft als gering eingeschätzt. Mit flexiblen Gaskraftwerken, dem Ausbau der Speicher und der Übertragungsinfrastruktur sowie der Etablierung von intelligenten Stromnetzen existieren genügend Technologien, die auch in Zukunft eine hohe Versorgungssicherheit gewährleisten können. Gaskraftwerke stellen auch zukünftig durch die Verwendung von synthetischem Erdgas eine Option dar.“

Ich denke heute sähe die Bewertung des Magistrats wohl nicht mehr so zuversichtlich aus. Vor circa zwei Wochen wies der Deutsche Städte- und Gemeindebund in Person seines Hauptgeschäftsführers Gerd Landsberg darauf hin, dass ein Blackout eine reale Gefahr sei und die Kommunen nicht darauf vorbereitet seien. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz, BBK, schätzt die Lage ähnlich ein. Auf eine Anfrage des WDR teilt das BBK mit: „Auch wenn die Versorgungssicherheit sehr hoch ist, ist ein großflächiger und lang andauernder Stromausfall nicht unplausibel.“

Um es Ihnen noch einmal klarzumachen: Ein Blackout ist nicht mit einem lokal begrenzten Stromausfall zu verwechseln. Ein Blackout ist der totale, flächendeckende Ausfall der Energieversorgung in Deutschland oder sogar europaweit, der im besten Fall ein paar Tage anhält, aber realistischerweise eher Wochen andauern würde. Ich möchte nur einmal darauf hinweisen, dass durch die kopflose Energiewende, bei der man vollkommen verantwortungslos aus zwei der drei grundlastfähigen Energieträger gleichzeitig aussteigen will, die Netze immer unstabiler werden. Musste zum Beispiel im Jahr 2014 bundesweit noch circa 3.500-mal ins Netz eingegriffen werden, um dieses stabil zu halten, gab es in diesem Jahr bereits mehr als 9.600 sogenannte Redispatch-Eingriffe. Wir haben gerade einmal September. Das sind im Übrigen die offiziellen Zahlen der Informationsplattform der deutschen Übertragungsnetzbetreiber.

Um es zu verdeutlichen, was ein Blackout bedeutet: Kein Strom für längere Zeit heißt, dass gar nichts mehr funktioniert – keine Heizung, keine Kommunikation, keine Möglichkeiten, an Nahrungsmittel zu kommen, keine Wasserversorgung, keine medizinische Versorgung, rein gar nichts. Das bedeutet auch, wir werden massive hygienische Probleme bekommen, wenn die Leute merken, dass sie ihre Fäkalien nicht mehr in der Toilette wegspülen können, weil eben die Wasserzufuhr nicht mehr funktioniert.

Der Rheingau-Taunus-Kreis hat vor circa zwei Wochen eine Impact-Analyse vorgestellt, in der das Szenario eines Blackouts für nur 96 Stunden durchgespielt wurde. Nach zwei Stunden funktionieren Brand- und Meldeanlagen nicht mehr, der Mobilfunk ist ausgefallen. Nach acht Stunden fällt der Digitalfunk der Einsatzkräfte aus. Nach spätestens 24 Stunden gibt es ein Massensterben des Nutzviehs, nach 48 Stunden den Ausfall sämtlicher Kliniken, Heime et cetera pp. Nach 96 Stunden rechnet der Kreis mit 463 Toten und einem ökonomischen Schaden von 220 Millionen Euro, davon alleine 192 Millionen Euro durch Brände, Plünderungen und so weiter. Der vollständige Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung ist da noch nicht einmal eingepreist, und das nach 96 Stunden. Rechnen Sie das einmal auf zwei oder drei Wochen hoch. Der Rheingau-Taunus-Kreis ist eine ländliche Region mit gerade einmal einem Viertel der Einwohnerzahl Frankfurts. Was glauben Sie, was passiert, wenn die Menschen nach spätestens zwei oder drei Tagen nichts mehr zu essen oder zu trinken haben? Was denken Sie, was passiert? Sie werden sehr schnell merken, wie dünn der zivilisatorische Firnis ist.

                              (Beifall)

Deswegen wäre es unverantwortlich, sich nicht auf ein solches Szenario vorzubereiten. Reden Sie sich bitte nicht damit heraus, dass das Ländersache sei. Erstens, wird von dort im Ernstfall keine Hilfe kommen können und zweitens, ich zitiere aus dem „Mustereinsatzplan Stromausfall für Feuerwehren bei flächendeckendem langandauerndem Stromausfall“ des hessischen Innenministeriums: „Beim Eintritt eines Stromausfalls obliegt die Bewältigung der Folgen zunächst den Kommunen. Entsprechend der Lage (regional oder übergreifend) und der Entwicklung (kurz- oder landandauernd mit erheblichen Folgen) sind die Gefahrenabwehrmaßnahmen zu strukturieren.“ Statt städtische Gelder in einen ideologischen Klimbim wie erneuerbare Energien zu stecken, sollten Sie sich überlegen, wie Sie im Notfall die Bevölkerung Frankfurts mit den nötigsten Dingen wie Nahrungsmittel und Wasser versorgen können. Wie wollen Sie die Kommunikation mit der Bevölkerung sicherstellen? Es funktioniert dann ja nichts mehr. Selbst wenn Sie es organisieren können, die Bevölkerung mit Trinkwasser zu versorgen, wie wollen Sie den Bürgern mitteilen, wann und wo die Versorgung läuft? Das sind die wichtigen Fragen, um die Sie sich kümmern sollten.

                              (Beifall)

Um noch einmal auf unsere Anfrage aus dem Jahr 2020 zurückzukommen: Die Antworten des Magistrats waren so unspezifisch, dass es einem angst und bange werden kann. Ich zitiere die Frage: „Sieht sich die Stadt Frankfurt ausreichend für einen flächendeckenden und länger andauernden Stromausfall (Blackout) gerüstet?“ Da kam die nichtssagende Antwort: „In den Ämtern und Betrieben der Stadtverwaltung sind vereinzelt Notstromaggregate vorhanden, sodass infrastrukturkritische Bereiche vorübergehend aufrechterhalten werden können.“ Was heißt denn vorübergehend? Zwei Stunden? Zwei Tage? Zwei Wochen? Lapidar heißt es weiter: „Zudem werden alle Leistungen, die erforderlich sind, um Gefahren für Personen, die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie erhebliche Schäden an Sachgütern abzuwenden, erbracht.“ Na vielen Dank! Ja wie denn, wenn nichts mehr funktioniert. Aber peinlich ist die Antwort auf die Frage „Wie lange können die Frankfurter Krankenhäuser autark arbeiten?“ Antwort: „Jedes Krankenhaus verfügt über ein Notstromaggregat und kann über einen gewissen Zeitraum autark arbeiten.“ Auch hier: Was heißt das denn? Zwei Stunden? Zwei Tage? Zwei Wochen? Vertrauenerweckend ist das nicht.

Meine Damen und Herren, was wir bei den ganzen Problemen brauchen, mit denen unser Land gerade konfrontiert ist, sind Politiker, die nicht im Pipi‑Langstrumpf‑Wolkenkuckucksheim leben, sondern endlich die Realitäten zur Kenntnis nehmen. Die Zeit der Schönwetterpolitik ist vorbei. Das haben hier nur einige immer noch nicht verstanden. Da beschäftigt man sich lieber mit Gänseblümchenthemen, die dem eigenen ideologischen Wohlempfinden dienen, aber nicht mit den tatsächlichen Herausforderungen. Ayn Rand hat es einmal treffend formuliert: „Man kann die Realität ignorieren, aber man kann nicht die Folgen der ignorierten Realität ignorieren.“ Der Vogel Strauß mag ein imposantes Tier sein, als Inspiration für Politiker sollte er jedoch nicht herhalten müssen.

Meine Damen und Herren, dass Sie wie gewöhnlich diesem Antrag nicht zustimmen wollen, weil er von der AfD stammt – geschenkt. An diese Kindergartenspielchen habe ich mich nach sechseinhalb Jahren gewöhnt. Aber dann bringen Sie von mir aus einen eigenen Antrag zu diesem Thema ein, denn sonst könnte es eines Tages heißen: Gott vergebe ihnen nicht, denn sie wissen, was sie tun.

                              (Beifall)

Erwiderung auf die Wortmeldungen der Stadtverordneten Wehnemann (DIE FRAKTION) und Schäfer (CDU):

Herr Vorsteher,

meine Damen und Herren!

Ich hatte Anfang der Wahlperiode einmal den spaßigen Vorschlag gemacht, Herrn Wehnemann nur noch in die Bütt zu lassen, wenn er vorher einen Alkoholtest gemacht hat. Das hätte man heute vielleicht einmal tatsächlich umsetzen sollen.

Lieber Herr Wehnemann, ich weiß nicht, vielleicht haben Sie die letzten drei Jahre nur zugedröhnt zugebracht. Ich weiß es nicht. Aber Sie argumentieren mit 2019, es ist seitdem ein bisschen etwas vorgefallen. Dass Sie so argumentieren müssen, ist halt ziemlich billig und ganz ehrlich, es zeigt nur, dass Sie keine Ahnung haben, wovon Sie reden. Und Ihre ewigen Nazivergleiche: Ganz ehrlich, diese ständige Verharmlosung des Nationalsozialismus, die Sie hier von sich geben, ist eigentlich strafbar. Darüber könnte man einmal nachdenken.

                              (Beifall)

Und zu Ihnen, Herr Schäfer: Bei aller persönlichen Wertschätzung, aber das war billig. Das war richtig billig. Wir schüren die Ängste. Der Rheingau-Taunus-Kreis schürt die Ängste. Das Bundesamt für Katastrophenschutz schürt die Ängste. Das hat übrigens nichts mit Preppern zu tun. Das sind die Vorschläge des Bundesamtes für Katastrophenschutz. Die Stadt Köln schürt Ängste – sie wird übrigens nicht von der AfD regiert. Die schüren also auch die Ängste. Ganz ehrlich, ja okay, AfD-Bashing, wenn Ihnen das Freude macht, wenn Sie das erotisch erregt, ich weiß es nicht. Es löst nur kein einziges Problem.

                        (Beifall, Zurufe)

Das Problem ist doch – und darüber reden wir jetzt auch einmal -: Wer hat uns denn überhaupt wie Junkies in die Abhängigkeit von russischem Gas gebracht? Das sind die Regierung Merkel und die CDU gewesen. Hier schreit der Dieb: „Haltet den Dieb!“ Das ist lächerlich.

                              (Beifall)