Rede des Stadtverordneten Patrick Schenk zu den Anträgen NR 527 CDU, NR 558 und NR 559 (Koaltion) zum Thema Bahnhofsviertel

Herr Vorsteher,

meine Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Das ist jetzt wirklich nicht so ganz einfach, hier über das eigentliche Thema zu sprechen. Lassen Sie mich mit einer formellen Frage starten. Der Antrag NR 527 wird zurückgestellt, und ich gehe davon aus, dass das auch für die Anträge NR 558 und NR 559 gilt, damit die in den Fachausschüssen noch einmal beraten werden können. Also, das ist alles sehr kurzfristig gewesen, zwanzig Minuten vor dem Ältestenausschuss. Aber ich vermute, das ist die Intention der Koalition, dass wir alle Anträge heute zurückstellen, damit eine intensive Beratung in den Fachausschüssen stattfinden kann. Es wäre schön, wenn die Koalition das noch einmal bestätigen würde.

Der Antrag NR 527 ist zumindest im Sozial- und Gesundheitsausschuss relativ ausführlich beraten worden. Wir werden ihn ganz am Ende mit Prüfung und Berichterstattung votieren. Es sind natürlich so ein paar Dinge darin enthalten, die mich bei der CDU-Fraktion auch etwas verwundert haben. Ich will nur einen Punkt aus der Ziffer fünf aufgreifen. Darin steht, der Magistrat wird aufgefordert, dies und jenes zu tun und unter anderem nötige Gespräche mit den zuständigen Stellen, wie dem Generalstaatsanwalt, zu führen. Also, wenn der Magistrat mit dem Generalstaatsanwalt reden muss, finde ich, ist das keine besonders gute Lösung. Ich glaube ehrlich gesagt auch nicht, dass das zu einem Erfolg im Bahnhofsviertel führen wird.

Im Punkt 13 wird gefordert, das Bahnhofsviertel vermehrt von Schmutz und Müll freizuhalten. „Im Zusammenhang mit den weiteren Maßnahmen startet die Stadt eine anhaltende Sauberkeitsoffensive und sorgt für die Grundlage eines sicheren und lebenswerten Bahnhofsviertels.“ Das klingt schön, aber wenn sich die Mitarbeiter der FES weigern, Mülltonnen sauber zu machen oder diese Klappmülleimer zu leeren, weil sie Angst haben, in Spritzen greifen zu können, und sagen, dass das mit dem Arbeitsschutz nicht vereinbar ist, dann hilft eben auch eine Sauberkeitsoffensive nicht mehr, sondern dann muss sehr viel Konkreteres kommen als derartige Worthülsen. Deswegen ist das natürlich ein gut gemeinter Initiativantrag, aber man kann es der Koalition nicht verwehren, wenn sie sagt, es ist ein wenig unkonkret.

Auf die beiden anderen Anträge möchte ich im Detail nicht eingehen. Der Titel „Lebenswertes Bahnhofsviertel“ klingt gut. Wenn man nur die Überschrift liest, muss man zustimmen, denn wer will nicht ein lebenswertes Bahnhofsviertel? Das Pflegeangebot für schwerstabhängige Drogenkranke zu sichern, ist natürlich auch wünschenswert und sicherlich zielführend, wenn es richtig gemacht wird.

Jetzt habe ich den Rednern hier zugehört, und ich habe mir gedacht, wenn ich da oben sitzen würde, ich wäre betroffener Bürger und ich möchte eigentlich nur sicher in meine Wohnung im Bahnhofsviertel kommen oder ich möchte nur ganz normal auch im Dunkeln sicher von meiner Arbeitsstätte im Bahnhofsviertel zum Hauptbahnhof laufen, was haben die Redebeiträge Konkretes für diese Menschen gebracht, damit sie sich jetzt besser aufgehoben fühlen? Ich muss ganz ehrlich sagen, da war nichts dabei. Ich habe unglaublich viel über die Hilfe für die Sucht- und Drogenkranken gehört. Ich sage – das ist immer so ein Streit, wir debattieren das sehr ausführlich in unserer Fraktion -, der Frankfurter Weg ist vielleicht nicht grundlegend gescheitert, aber er bedarf sicherlich eines Neudenkens, eines Umdenkens.

Ich will nur einen Satz aus der Begründung Ihres Antrags NR 559 nehmen. Wie gesagt, ich fände es gut, wenn wir im Fachausschuss noch etwas intensiver beraten. Da heißt es, ich zitiere: „Es ist als humanitärer Erfolg des Frankfurter Weges der Drogenhilfe und der Arbeit des Eastside zu werten, dass viele langjährige Suchtkranke auch bei schwerer Abhängigkeit heute erheblich länger (über‑) leben als noch Anfang der 2000er Jahre.“ Das begrüßen wir alle. Aber das ist doch nicht das Problem heute im Bahnhofsviertel. Das ist ein Erfolg dessen, was einmal in dieser Stadt vereinbart worden ist, nur wir müssen heute weitere Wege gehen. Und wenn ich jetzt Ihren letzten Redebeitrag nehme, Frau Wollkopf, …

                              (Zurufe)

Das können wir dann im Fachausschuss besprechen. Genau, darüber können wir dann im Fachausschuss ausführlich reden und ich freue mich ehrlich gesagt darauf. Aber wenn ich das jetzt sehe – wir reden über eine Drogenlegalisierung -, suggeriert das natürlich den Gedanken, dass die Freigabe von Drogen entkriminalisiert und ein besseres Leben schafft. Aber sollte es nicht unser Ziel sein, dass einfach viel weniger Drogen konsumiert werden, dass die Drogen überhaupt nicht auf diesem Markt landen und vor allen Dingen auch nicht in einer Art Drogen-Dumping, was die Preise angeht, mit schmutzigeren, billigeren und hässlicheren Drogen, dass das weniger wird?

                              (Zurufe)

Ja, das steht in eurem Antrag. Aber liebe Freunde, das steht unter anderem auch in euren Anträgen, die wir vor zehn Jahren hier schon beschlossen haben. Die Verbesserung ist nicht eingetreten. Deswegen sage ich, es ist schön, was auf dem Papier steht.

                              (Zurufe)

Ich habe von der Koalition geredet. Ich möchte jetzt nicht mehr rekapitulieren müssen, lieber Yanki Pürsün, wann ihr in der Koalition wart und wann nicht. Ihr wart oft genug darin, um gewisse Entscheidungen mit herbeigeführt haben zu können.

                              (Zurufe)

Nein, so leicht kommt ihr aus der Sache nicht heraus. Das fing schon im Vierer 2001 an.

                              (Beifall)

Das ist genau das, was hier an der Debatte hängenbleibt und damit schließe ich jetzt.

                              (Zurufe)

Zwing mich nicht dazu, mich schämen zu müssen.

                            (Heiterkeit)

Damit schließe ich jetzt. Wenn man die Debatte verfolgt, dann finde ich, ist es umso wichtiger, dass eine echte Alternative, die noch keine Regierungsverantwortung hatte, hier in diesem Parlament sitzt, um das alles rekapitulieren und kontrollieren zu können.

Vielen Dank!

                              (Beifall)