Rede der Stadtverordneten Anna Nguyen zu Antrag NR 584 der Koalitionsfraktion  („Den lokalen Einzelhandel unterstützen“)

Geehrter Herr Vorsteher,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Was ist das eigentlich für ein heuchlerischer Antrag? Sie tun so, als ob der Einzelhandel miteinbezogen werden soll. Sie tun so, als ob der Einzelhandel nach seinen Bedürfnissen gefragt werden und ein Stück Gestaltungsfreiheit bekommen soll. Und das, nachdem beschlossen wurde, dass aus bestimmten Einkaufsstraßen die Autos verbannt und die Parkplätze abgeschafft werden sollen, die eigentlich für die Kunden benötigt werden; also das, was das Gewerbe auf keinen Fall will.

                              (Beifall)

Herr Ritter, meinen Sie wirklich, dass der Einzelhandel durch Postkartenständer auf der Straße die Umsätze kompensieren kann, die durch die Verkehrsberuhigung wegfallen?

                              (Zurufe)

Dass er durch diese Geste ruhig gestellt werden kann? Sie wissen doch selbst, dass das nichts mit Marktwirtschaft zu tun hat.

                              (Beifall)

Hier geht es nicht um die Stärkung des Einzelhandels, sondern um die Durchsetzung einer ideologischen Verkehrspolitik ohne Rücksicht auf Verluste.

                              (Zurufe)

Ja, ich weiß, ich weiß. Ist es das, was Sie unter einem ordnungspolitischen Rahmen verstehen?

Wie die Wirtschaftsdezernentin berichtete, sind seit der Umgestaltung des Oeder Wegs die Umsätze des dortigen Handels eingebrochen. Eine Hutmacherin berichtete beispielsweise, dass sie den staatlich verordneten Lockdown mit Ach und Krach überlebt hätte, nicht aber die Straßensperrungen. Wollen Sie das wirklich auch noch den Einzelhändlern in den übrigen Straßen antun?

                              (Beifall)

Sie alle haben vor einigen Monaten den Brandbrief der Gewerbevereine erhalten. Die Gewerbetreibenden sagen ganz deutlich, dass die Kunden größtenteils aus dem Umland mit dem Auto kommen und dass sie auf dieses nicht verzichten können. Die ansässigen Kunden reichen bei vielen nicht aus, um die Läden erfolgreich wirtschaftlich zu betreiben.

Herr Huber, auch von Flaneuren kann der Einzelhandel nicht leben.

                              (Beifall)

Kunden aus entfernten Stadtteilen könnten auf Einkaufsziele ausweichen, die besser zu erreichen sind. Das einzige Gewerbe, das zumindest im Sommer von den Maßnahmen profitiert, ist die Gastronomie. Aber es kann doch wohl nicht Ihr Ziel sein, dass aus den Einkaufsstraßen reine Fressmeilen werden.

Darüber hinaus werden neue Straßensperrungen aller Voraussicht nach zu Verkehrschaos in anliegenden Straßen führen. Das sehen wir auch ganz gut im Oeder Weg, bei dem jetzt wieder darüber nachgedacht wird, die Diagonalsperren zu kippen. Aber über das Thema wollte der Ortsbeirat 3 bekanntermaßen in der letzten Sitzung nicht sprechen – vielleicht aus Angst vor einem Aufstand seitens der 100 Bürger, die da waren?

In dem erwähnten Brandbrief drückten die Einzelhändler nicht nur ihre Sorge vor den geplanten Maßnahmen aus, sondern sie unterbreiteten auch sehr konkrete Vorschläge zur Rettung ihrer Existenzen in dieser für sie außerordentlich schwierigen Zeit. Wer von Ihnen hat auf diesen Brief reagiert? Richtig: keiner. Wir von der AfD aber haben diesen Brief zum Anlass genommen, mit der Vorlage NR 536 einen Prüfantrag zu stellen, um Straßensperrungen zu vermeiden und die Gewerbetreibenden bei der Umgestaltung der Einkaufsstraßen einzubeziehen, um also eine wirkliche Partizipation zu ermöglichen statt billiger Beruhigungspillen.

                              (Beifall)

Diesen Antrag, der lediglich ein Prüfauftrag war, haben Sie alle abgelehnt. Das zeigt, dass Sie sich im Gegensatz zur AfD keinen Deut um den Handel scheren.

                              (Beifall)

Hören Sie endlich auf mit dieser scheinheiligen Politik, die zulasten der Einzelhändler geht, oder seien Sie wenigstens so ehrlich, zuzugeben, dass Ihnen das Gewerbe in Wirklichkeit egal ist.

Vielen Dank!

                              (Beifall)