Rede des Stadtverordneten Patrick Schenk zur Einbringung des Haushalts 2023 (Magistratsvortrag M 46)

Herr Vorsteher,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

meine Damen und Herren!

Ich bin froh, dass meine Fraktionskollegen so viel Humor haben. Sie haben mich eben schon mit den Worten begrüßt: „Jetzt spricht der Herr Schenk von der fucking AfD.“ Das war jetzt ein Zitat, Herr Vorsteher. Wir sind also durchaus in der Lage, mit der nötigen Größe damit umzugehen.

Was ich bemerkenswert fand: Auch ich habe an den Zahlen von Bastian Bergerhoff das eine oder andere auszusetzen, aber mir käme es bei Weitem nicht in den Sinn, Bastian Bergerhoff als neoliberalen Kämmerer zu bezeichnen. Ich glaube, man merkt daran wieder, wie weit auch die LINKE. von der Realität weg ist, was Haushaltszahlen angeht.

                              (Beifall)

Lieber Yanki Pürsün, einen Satz muss ich auch zu dir sagen: Wir haben genickt und haben zur Kenntnis genommen – da hast du recht -, dass der Rücklagenbereich auch schon unter der CDU-geführten Koalition abgeschmolzen wurde, das ist wahr. Du hast aber natürlich als guter Koalitionär verschwiegen, dass dein jetziger Koalitionspartner – die GRÜNEN – mit dabei war und kräftig daran mitgewirkt hat.

                              (Beifall)

Das muss man sagen. Es war sehr anständig von dir, aber es gehört zur Wahrheit dazu, dass das nicht die CDU alleine war.

Lieber Kämmerer Dr. Bergerhoff, in Ihrem Vorwort der Broschüre zu diesem Haushalt schreiben Sie unter anderem – ich möchte es nochmal in Erinnerung rufen, weil die Worte so schön sind -: „Mit dem städtischen Haushalt möchten wir die sichere und nachhaltige Weiterentwicklung Frankfurts in schwierigen Zeiten fortsetzen.“ Danach heißt es weiter: „Mit dem Haushalt 2023 wollen wir auch in der Haushaltsdurchführung flexibel, nachhaltig und wirkungsorientiert agieren.“ Ich liebe solche Worte immer, denn sie sind wohlklingend. Sie sind jedoch, was die finanzielle Situation der Stadt angeht, meilenweit von dem entfernt, was man Realität nennen könnte.

                              (Beifall)

Nicht nur die Rücklagen der Stadt – wir haben es gehört – schmelzen weg wie ein Stück Butter in der prallen Sonne. Nein, auch der Schuldenstand der Stadt erhöht sich weiter, laut aktueller Planung sogar drastisch: von jetzt schon knapp drei Millionen Euro, nein, Entschuldigung, drei Milliarden Euro – das muss man sich mal überlegen, wie schwer einem diese Zahl der Milliarden bei einer Gemeinde wie der Stadt Frankfurt über die Lippen kommt – auf fast fünf Milliarden Euro im Jahr 2026. Wie man so etwas als sicher und nachhaltig beschreiben kann, bleibt wohl ein Mysterium, welches sich vielleicht Ihnen und der Koalition erschließt, aber jemandem, der sich mit nackten Zahlen, Daten und Fakten beschäftigt, eher nicht.

                              (Beifall)

Dieses Mysterium hätte ich bei Ihrem Amtsvorgänger Uwe Becker, der sehr katholisch ist und einen großen Glauben hat, noch durchgehen lassen, aber Sie habe ich eigentlich als sehr pragmatisch und rational eingeschätzt. Deswegen finde ich das eher erschreckend, was diese Zahlen angeht.

Im weiteren Text findet man in der Erläuterung zum Ergebnishaushalt auch folgende Sätze – sehr interessant -: „Die fortwährende negative Tendenz führt aber bereits ab 2024 zu einem negativen Rücklagenbestand, der am Ende des Planungszeitraums minus 453,3 Millionen Euro erreicht.“ Hier habe sogar ich wieder etwas gelernt. Einen negativen Rücklagenbestand kannte ich in der Form noch nicht. Ich frage mich: Handelt es sich dabei nicht gleich um Sondervermögen?

                      (Beifall, Heiterkeit)

Ich würde mich freuen, wenn wir im Laufe dieser Haushaltsberatungen etwas mehr über diesen negativen Rücklagenbestand erfahren würden. Vielleicht ist in den anstehenden Beratungen Zeit dazu.

Dem Ergebnishaushalt sind unter anderem auch interessante Zahlen zu den Personalaufwendungen zu entnehmen, Nils Kößler hat darauf hingewiesen. Die Steigerung von 8,1 Prozent in den zwei Jahren von 2021 auf 2023 wird für das laufende Jahr 2023 mit 758 Millionen Euro beziffert. Hier stimmen die Millionen Euro noch, aber wir gehen auf die Milliarde zu. Ob darin die bevorstehenden Tariferhöhungen enthalten sind, darüber kann man nur spekulieren. Es liegt aber der Verdacht nahe, dass dies in der zu erwartenden Höhe des kommenden Tarifabschlusses eher nicht der Fall sein wird. Sie haben die Tarifverhandlungen begleitet. Es gab keine Einigung, aber ich rechne mit einem erheblichen Batzen, der auf uns alle zukommen wird. Dann wird wohl im Rahmen eines Nachtragshaushaltes nachgebessert werden müssen. Das ist immer schlecht. Daneben steigt der Versorgungsaufwand von 135 Millionen Euro im Ist-Jahr 2021 auf 190 Millionen Euro im Soll-Jahr 2023. Dies ist sogar eine Steigerung von 40,7 Prozent.

An diesen genannten Zahlen wird ersichtlich, dass auch der Personalbestand der Stadt Frankfurt diskutiert werden muss. Natürlich, Ursula Busch, ist es richtig, dass wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt brauchen, damit wir den Aufgaben nachkommen können, aber wir hatten eigentlich immer gedacht, dass die Digitalisierung hier ein bisschen Entlastung schafft. Die Digitalisierungsstrategie der Stadt, die uns jetzt vorgelegt wird, lässt allerdings keine Entlastung für die Mitarbeiter der Stadt erwarten und leider auch keine Entlastung, was den hohen Personalstand angeht.

Wie die Stadt Frankfurt unter Berücksichtigung dieser Zahlen ein neues Kindertheater – wir haben es gehört -, die Sanierung des Zoos und einen mindestens 1,3 Milliarden Euro teuren Neubau der Städtischen Bühnen finanzieren will, bleibt schleierhaft, gerade auch angesichts der ja nun steigenden Zinsen. Von der Minimalversorgung sozial hilfebedürftiger Menschen und immer mehr zu uns kommender Flüchtlinge will ich an der Stelle erst gar nicht reden. Die Zahlen sind uns alle bekannt und das wird teuer.

Wenn Sie also nicht sparen wollen, bleibt nur die Aufnahme neuer Kredite, also Schulden. Dazu haben wir ja schon von einer Seite des Hauses gehört, was gewünscht ist. Sie könnten natürlich – das ist der andere Ansatzpunkt – an der Steuerschraube drehen und den Gewerbesteuerhebesatz in die Höhe treiben – um 30 Punkte, wie der Kollege Müller es eben gesagt hat, wenn nicht noch höher. Das würde aber, wie meine Kollegin Nguyen es vorhin in der Aktuellen Stunde hervorragend ausgeführt hat, die noch in Frankfurt verbliebenen zahlungskräftigen Unternehmen weiter ins Umland, wenn nicht sogar ins Ausland treiben.

Ich hätte Lust, auf die 270 Millionen Euro für nicht genau definierte Klimaschutzprojekte einzugehen, etwas zur Verkehrswende zu sagen, über die Energieversorgung zu sprechen, über die Kohleverstromung, die weiter ansteht, aber ich glaube, das machen wir besser in den Haushaltsberatungen in den Ausschüssen.

Ich würde zum Schluss, lieber Herr Stadtkämmerer und liebe Koalition, noch mal das Motto des Haushaltes nennen, das hat mir sehr gut gefallen. Es heißt: „Ein neues Frankfurt gestalten“. Klingt auch gut, aber wenn wir die Zahlen und die zukünftigen Entwicklungen betrachten, habe ich kein gutes Gefühl, wie dieses neue Frankfurt aussehen wird. Ich bin der Meinung, es wird ein verschuldetes, ein ärmeres, ein wirtschafts- und kulturschwaches Frankfurt sein. Aufgrund dessen möchte ich Ihnen passenderweise, gegen Ende der Fastenzeit, jetzt eigentlich nur zurufen: Kehren Sie um, auch – und gerade – haushaltspolitisch!

Vielen Dank!

                              (Beifall)